Viele Menschen fühlen sich in Deutschland zunehmend unsicher. Mit der tatsächlichen Kriminalitätsentwicklung habe das jedoch wenig zu tun, sagt die Sozialpsychologin Jennifer Führer. Maßgeblich sei vielmehr die Art und Weise, wie über Sicherheit debattiert wird – und auch die Parteipräferenz, so die stellvertretende Direktorin des Zentrums für kriminologische Forschung Sachsen. ntv.de: Das Sicherheitsgefühl der Menschen in Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verringert, wie etwa aus dem Sicherheitsreport des IfD Allensbach und des Centrums für Strategie und Höhere Führung hervorgeht. Demnach meidet knapp jeder Zweite nachts Gebiete in seinem Umfeld und rund jeder Dritte hat Sorge, Opfer eines Gewaltverbrechens zu werden. Deckt sich das mit dem tatsächlichen Kriminalitätsvorkommen? Jennifer Führer: Schon seit Jahrzehnten zeigt die Forschung, dass Kriminalitätsraten kaum bis überhaupt keinen Einfluss auf die Wahrnehmung von Kriminalität in der Bevölkerung haben. Dabei ist es egal, ob die Kriminalität gerade ab- oder zunimmt. In dem von uns vorgenommenen Längsschnitt haben die Befragten selbst in den Pandemie-Jahren, als die Straftaten massiv zurückgegangen sind, gesagt: Es wird immer schlimmer. Als es daraufhin einen Anstieg gab, war die Antwort nicht etwa, es werde jetzt richtig schlimm, sondern gleichlautend. Die Befragten gehen also von einer kontinuierlichen Zunahme aus, unabhängig von den tatsächlichen Zahlen. (…) Gibt es Personengruppen, die anfälliger für ein solches Verhalten sind? Wir konnten feststellen, dass die zugrundeliegende ideologische Einstellung einen gewissen Einfluss hat. Menschen, die politisch eher rechts orientiert sind oder Verschwörungsmythen anhängen, haben eine höhere Kriminalitätsfurcht. Sprich, sie haben eher Angst, Opfer einer Straftat zu werden. Mit Blick auf die Parteipräferenz zeigt sich dieser Effekt insbesondere bei Menschen, die AfD wählen. Im Vergleich zu Anhängern anderer Parteien haben die auch das höchste Vermeidungsverhalten an den Tag gelegt, was wiederum zu der Wahrnehmung führt, alles werde immer schlimmer.
via ntv: “Effekt bei AfD-Wählern” Gefühlte Kriminalität: Wird es wirklich immer schlimmer?