Jens Mecklenburg (Hg): Handbuch deutscher Rechtsextremismus

Das Handbuch deutscher Rechtsextremismus aus dem Elefantenpress-Verlag verdient das Prädikat: “antifaschistisches Standardwerk“. Zwischen den Buchrücken stecken zweieinhalb Pfund Informationen, verteilt auf mehr als 1000 Buchseiten. Das Buch besteht aus vier großen Blöcken: einem Grundlagenteil, dem Lexikon (Deutschland rechtsaußen), einen Vertiefungsteil mit Aufsätze zu zahlreichen Themengebieten, und ein Anhang, der u.a. glänzt mit einem ausführlichen Personen- und Organisationsregister. Wer immer zum Bereich Neofaschismus arbeiten will – hier findet sie/er das, was dazu nötig ist.

Der erste Teil des Buches ist als Grundlagenteil verstanden. Hier werden auf ca. 130 Seiten theoretische und grundsätzliche Einführungen in Grundlagen und Ideologien des Faschismus, der verschiedenen Faschismustheorien sowie den Facetten und Erklärungsansätze des Neofaschismus gegeben. Unklar bleibt hier allerdings, weshalb im Titel mit dem Begriff “Rechtsextremismus” gearbeitet wird, wenn danach konsequent (und treffender) von Neofaschismus die Rede ist. Ebenfalls zu den einführenden Grundlagen gehört eine Entwicklungsgeschichte der “extremen Rechten nach 1945”.

Den zweiten Teil bildet das über 400 Seiten starken Lexikon “Deutschland rechtsaußen”. Hier wird auf die gesamte Palette der extremen Rechten eingegangen (einschließlich Korporationen, (auch religiöse) sektiererischen Gruppen, Medien, Personen etc.). IdR besteht die Beschreibung dabei aus maximal einer Seite, auf der kanpp zusammengefaßt die wichtigsten Daten und Entwicklungen sowie jeweils eine Einschätzung und teilweise weiterführende und/oder Quellenliteratur angegeben ist. Damit bietet dieser Teil eine mehr als praktische Übersicht sowie die Möglichkeit, benötigte vertiefender Informationen an angegebener Stelle zu finden.

Der dritte Teil bietet auf über 380 Seiten Beiträge zur Vertiefung, die sich z.B. mit gesellschaftlichen Ursachen, der Rolle der Frau, dem Revisionismus, den neuen Medien, Esoterik, Korporationen etc. auseinandersetzen. Im vierten Teil folgt die umfangreiche “Chronologie des deutschen Rechtsextremismus”, eine Auswahlbibliographie, ein Verzeichnis antifaschistischer Adressen und Medien sowie ein fast 60 Seiten umfassendes Register, das die antifaschistische Arbeit erleichtern kann und den vom Verlag nicht umsonst postulierten hohen Gebrauchswertsichern sichert. Der einzige Wermutstropfen ist denn auch nicht der Band selbst, sondern die Tatsache, daß die ursprünglich angekündigte CD-ROM-Version nun doch nicht auf den Markt gebracht wird.

Trotz ambivalenter Sichtweise über die Einschätzungen im ersten Teil oder einiger Beiträge im dritten Teil, auch wenn – was allein schon durch den Umfang des Gesamtwerkes bedingt ist – einige Beschreibungen im zweiten Teil oberflächlich bleiben: Es ist das derzeit aktuellste umd umfangreichste Handbuch über den deutschen Rechtsextremismus, und es bietet einen Einstieg wie vertiefende Kenntnisse über den Rechtsextremismus und einige Zusammenhänge, und Umfang und Aufmachung rechtfertigen den Preis. Wer umfassend und genau über Personen, Gruppen und den Neofaschismus in diesem Land informiert sein will, wer dazu ein Vademecum sucht, dass dies gewährleistet, wird um dieses Handbuch nicht herumkommen. Dieses Buch kann zwar nicht die das Achtsam sein ersetzen – aber wer es nicht hat, dem/der fehlt doch etwas….

Mecklenburg, Jens (Hg): Handbuch deutscher Rechtsextremismus; Berlin ( Elefantenpress) 1996; 1056 Seiten (gebunden)


Inhaltsverzeichnis

  • Grundlagen
    • Die unbewältigte Vergangenheit
    • Faschismus – Antifaschismus
    • Gesellschaftliche Grundlagen und Ideologien des deutschen Faschismus
    • Rechtsextremismus – Definitionsmerkmale und Erklärungsansätze
    • Die ideologischen Grundlagen des Rechtsextremismus
    • Die Entwicklung der extremen Rechten seit 1945
  • Lexikon – Deutschland rechtsaußen
    • Nicht mehr aktive / bestehende Organisationen und Parteien seit 1945
    • National- und rechtskonservative Gruppen (Grau- und Braunzone)
    • Rechtsextreme und neofaschistische Gruppen, Organisationen und Parteien
    • Burschenschaften und studentische Verbindungen
    • Militärische Traditionsverbände
    • Revanchistische Organisationen
    • Heidnische Gruppen, Sekten und christlich fundamentale Organisationen
    • Medien
    • Personen
  • Vertiefungen
    • Neue Rechte und Rechtsextremismus in Deutschland
    • Das Netzwerk der militanten Neonazis
    • Exkurs – Die NS-Nachkriegsnetze
    • Rechtsextremismus in der DDR und den neuen Ländern
    • Die Briefbombenwelle in Österreich
    • Die österreichische Zweigstelle des deutschen Rechtsextremismus
    • “… über die Trümmer der KZ-Gedenkstätten”
    • Antisemitismus
    • Esoterik und Neuheidentum
    • Männlich, männlicher, (neo)nazistisch
    • Kameradinnen
    • Rechtsextremismus bei Jugendlichen
    • Soziale Bewegung von rechts?
    • Skinheads, Nazi-Skins und rechte Subkultur
    • Rechtsextremismus und Wahlverhalten
    • Von Irren, Chaoten und Fanatikern
    • Die Themen der Rechten sind die Themen der Mitte
    • Zwischen Verharmlosung und Überreaktion
    • Studentenverbindungen zwischen Konservativismus und Rechtsextremismus
    • Der Bund der Vertriebenen
    • Wirtschaftspolitik und die extreme Rechte
    • Digitales Braun
  • Anhang
    • Chronologie des deutschen Rechtsextremismus von 1945 bis 1995
    • Auswahlbibliographie
    • Verzeichnis antifaschistisch orientierter Einrichtungen, Organisationen, Medien
    • Organisations-Abkürzungsverzeichnis
    • Personenregister
    • Sachregister