Vor Gericht gab sich der Kärntner reuig. Nur Monate später baut er aus dem Gefängnis sein internationales Neonazi-Netzwerk aus. “In der U-Haft habe ich erkannt, dass mein Handeln falsch war. Ich war verblendet und will mich aufrichtig entschuldigen. Es tut mir leid”, zeigte sich der 37-jährige Kärntner Philip H. noch im März betroffen. H. stand damals wegen NS-Wiederbetätigung in 57 Fällen vor einem Wiener Geschworenengericht. Jahrelang hatte er als Rapper “Mr. Bond” Lieder aufgenommen, in denen er zum Mord an Juden und Homosexuellen aufrief, Gewaltphantasien zelebrierte und den Holocaust leugnete. Zuletzt hatte er das rassistische Manifest des Christchurch-Attentäters übersetzt und im Internet verbreitet. Als ein Neonazi im deutschen Halle seine Musik dann als “Kommentar” zu seiner bewaffneten Attacke auf eine Synagoge spielte, wurde auch die österreichische Polizei auf “Mr. Bond” aufmerksam. Am 31. März wurde er schließlich wegen NS-Wiederbetätigung und besonderer Gefährlichkeit zu zehn Jahren Haft verurteilt. Sein Anwalt legte Berufung sowie eine Nichtigkeitsbeschwerde ein. Mit einer Entscheidung dazu ist in den kommenden Monaten zu rechnen. (…) Vor seinen Unterstützern hingegen gibt er sich weniger geläutert: “Ich halte es tatsächlich für wahrscheinlich, dass ich aufgrund eines Finanzcrashs, militärischen Konflikts oder Blackouts hier früher rauskomme”, schreibt er jüngst in einem offenen Brief. Darin ruft er seine Fans kryptisch dazu auf, sich “mit Gleichgesinnten zu vernetzen”, um sich darauf vorzubereiten, ihre “Wirkungskraft” zu entfalten. Der 37-Jährige selbst ist bereits gut vernetzt: In Briefen, die dem STANDARD vorliegen, gibt Philip H. Hinweise auf seine zahlreichen Kontakte in neonazistische Zirkel, etwa den extrem rechten Musiker Morrakiu (“Hitler did nothing wrong”) sowie das politisch ähnlich gelagerte Onlineportal TheRightStuff (TRS). In den Foren von TRS war es auch, wo H.s Bruder, Benjamin H., seine antisemitische Hetz-Website JudasWatch entwickelte. Zuletzt erwähnte Philip H. einen Freund, “einen Zeitungsherausgeber aus Ohio, der gerne in Südostasien reist”. Eine Beschreibung, die unzweifelhaft auf Andrew Anglin zutrifft. Anglin ist ein US-amerikanischer Holocaust-Leugner, Betreiber der antisemitischen Website DailyStormer und seit Jahren auf der Flucht vor den US-amerikanischen Behörden. In seinem Heimatland würden ihm wegen seiner Publikation zahlreiche Strafverfahren drohen. H. pflegte vor seiner Inhaftierung offenbar ein Netzwerk hochkarätiger Faschisten. Mit manchen seiner Neonazi-Kontakte hält “Mr. Bond” aber sogar in Haft die Kommunikation aufrecht, etwa mit den extrem rechten Aktivisten des Nordic Resistance Movement (NRM). Das NRM ist eine Skandinavien-übergreifende Organisation, deren Mitglieder immer wieder mit Gewalttaten in Zusammenhang gebracht wurden. In Finnland wurde die Organisation deshalb bereits im Jahr 2017 verboten. Briefwechsel mit US-Neonazi-Aktivistin Zahlreiche Briefe ausgetauscht hat Philip H. auch mit der US-Neonazi-Aktivistin Lindsey K. R. “Make antisemitism great again!”, änderte sie einen Wahlspruch Donald Trumps ab, um ihrem Hass auf Juden Ausdruck zu verleihen. “Ich soll nicht über Politik sprechen, hat mir sein Anwalt geraten”, schrieb R. in Vorbereitung auf ein Videotelefonat mit dem inhaftierten Österreicher. “Damit kann ich wohl meine ganzen Fragen an Philip vergessen, wie wir die NSDAP wieder an die Macht bringen sollen”, witzelte sie. Bekenntnisse, die von der Frau aus Massachusetts üblicherweise ernst gemeint sind: “Ich bin Nationalsozialistin im Sinne Adolf Hitlers.” Wie die deutsche “Tagesschau” berichtete, trat R. vergangenes Jahr beim “Miss Hitler”-Schönheitswettbewerb an, zeigte sich dort mit Wehrmachtsmütze und Hakenkreuzen. Ihre Bewunderung von Neonazi-Attentätern lässt sie nicht los.

via standard: Neonazi-Rapper Mr. Bond: Die “Wirkungskraft” der extremen Rechten