Oder warum rechtsextreme Terror-Ereignisse immer öfter nicht allein passieren. Nach den Razzien gegen die Reichsbürgerszene nimmt jetzt der Halle-Attentäter Geiseln im Gefängnis bei Magdeburg. Große Telegram-Gruppen des verschwörungsideologischen Spektrums tragen ihn plötzlich im Namen: Tag X. Das Reichsbürger-Netzwerk um Heinrich XIII. „Prinz“ Reuss, dessen Kern in der vergangenen Woche mit einer großen Razzia gestoppt wurde, hatte ein Ziel, dass sie nach dem Leiter des „militärischen Arms“, Maximilian Eder, „noch vor Weihnachten“ herbeiführen wollten: Den Tag X. Gemeint haben die Reichsbürger des Netzwerks – gegen 54 wird ermittelt, 23 sitzen in Haft, von mindestens 286 weiteren Unterstützer*innen ist aktuell die Rede – damit den Zusammenbruch der demokratischen Ordnung in Deutschland.
Bei dem Reichsbürger-Netzwerk sollte der Start von Tag X durch Terrorakte geschehen: Eine Geiselnahme im Bundestag und Angriffe auf die Stromversorgung sollten als Fanal dienen, um zu Unruhen im ganzen Land zu führen und mindestens Militär und Polizei auf die Seite der Verschwörerinnen zu bringen. Ziel: ein Putsch gegen die parlamentarische Demokratie, Zusammenbruch der politischen Ordnung. Bei dem Reichsbürger-Netzwerk sollte eine Übergangsregierung eingesetzt werden, eine Monarchie, am besten ein Kaiserreich. Imaginierte Tradition gegen alle Herausforderungen der Moderne wie Demokratie, Minderheitenschutz, Gleichwertigkeit aller Menschen, aber auch ein Aufruhr gegen eine imaginierte Fremdbestimmung durch eine „jüdische Weltverschwörung“ sind ihre Motivatoren. Zum Tag X gehört, dass die Verschwörerinnen entweder glauben, für eine „schweigende Mehrheit“ zu handeln, die sich dann anschließt und erhebt, wenn die Ordnung zusammenbricht. Oder dass sie sich selbst für so mächtig und gefährlich halten, den Umsturz aus eigener Kraft, auch gegen den Willen der Bevölkerung, durchzuführen. In jedem Fall gehört zu den Tag X-Plänen des rechtsextremen Spektrums eine wahnhafte Wirklichkeitsverzerrung – und der Glaube daran, damit „die Menschheit“ zu retten – zumindest deren gleichgesinnten Teil. (…) Deshalb ist auch davon auszugehen, dass ein Ereignis wie die Razzien gegen die Reichsbürgerszene vom 7. Dezember 2022 für weitere Aktivitäten in der Szene sorgen. Denn auch wenn der Tag X der Reichsbürgerinnen vereitelt wurde, fühlen sich nun offenbar andere motiviert, an ihre Stelle zu treten. Der Geiselnehmer von Dresden zeigte online Affinitäten zu rechtsextremer und verschwörungsgläubiger Ideologie. Er versuchte auch nach der Ermordung seiner Mutter am 11. Dezember 2022, in einen Radiosender einzudringen. Vom Terrorplan des Reichsbürgerinnen-Netzwerks wurde unter anderem berichtet, dass sie über das Radio ein Codewort ausgeben wollten, woraufhin die „Blackouts“ ausgelöst werden sollten (vgl. tagesschau). Das wird nicht heißen, dass der Geiselnehmer von Dresden mit dem Reichsbürger*innen-Netzwerk in direkten Kontakt stand – vielleicht aber, dass er sich motiviert gefühlt hat, selbst zur Tat zu schreiten. Geiselnahme im Gefängnis durch den Halle-Attentäter Am 12. Dezember 2022 die nächste Tat. Der rechtsterroristische Attentäter von Halle sitzt derzeit in Haft in Burg in der Nähe von Magdeburg. Nach aktuellem Ermittlungsstand hatte sich der 30-jährige in Haft einen „Schussapparat“, also eine Waffe, gebaut und am Abend zwei Bedienstete der Justizvollzugsanstalt als Geiseln genommen. Nach bisherigem Ermittlungsstand mit dem Ziel, aus dem Gefängnis auszubrechen – was er bereits 2020 bei einem Hofgang versucht hatte

via belltower: VERBINDET „TAG X“ REICHSBÜRGER-RAZZIEN UND GEISELNAHME DES HALLE-ATTENTÄTERS?