Das Netzwerk um den rechtsextremen Verlag “Der Schelm” ist nach NDR-Informationen größer als bisher vermutet. In mehreren Bundesländern wird ermittelt. Derweil geht der Handel mit der volksverhetzenden Propaganda offenbar weiter. Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen den mutmaßlich größten Verlag volksverhetzender Bücher in Europa. Anfang Juni durchsuchten Ermittler in Sachsen und Brandenburg Wohnungen und Lagerräume von Verdächtigen. Zwei Beschuldigte kamen zunächst in Untersuchungshaft. Den Rechtsextremen wird die Bildung einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen.Mit dem Verlag “Der Schelm” sollen sie im großen Stil volksverhetzende Schriften verbreitet haben. Der Verlag bietet seit Jahren antisemitische Kinderbücher, eine unkommentierte Ausgabe von Adolf Hitlers “Mein Kampf” und Schriften zum Kauf an, in denen NS-Verbrechen geleugnet werden. Nach Informationen des Rechercheformats STRG_F (NDR/funk) waren in den Vertrieb der braunen Literatur mehr Personen eingebunden als bisher öffentlich bekannt. Neben den vier Verdächtigen, bei denen im Juni durchsucht wurde, steht vor allem der Rechtsextremist Adrian Preißinger im Fokus der Ermittler. Der 58-Jährige gilt als Kopf des Verlags.Nach dem im oberfränkischen Kronach geborenen Preißinger wird inzwischen per Haftbefehl gefahndet. Er wird in Russland vermutet, eine Spur führt in den Großraum Moskau. Auf Anfrage von STRG_F wollte sich der Rechtsextremist nicht äußern. Preißinger ist für die Behörden kein Unbekannter: Das Landgericht Dresden hatte ihn 2002 wegen des Verbreitens von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen, Volksverhetzung und anderer Taten zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt. Gegen insgesamt mindestens fünf Männer und Frauen ermittelt nun die Bundesanwaltschaft wegen der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung. Im Rahmen der Durchsuchungen im Juni waren die beiden Rechtsextremisten Matthias B. aus Südbrandenburg und Enrico Böhm aus Leipzig festgenommen worden.Dem langjährigen NPD-Aktivisten Matthias B. soll laut Bundesanwaltschaft eine “herausgehobene Funktion” in der Vereinigung zugekommen sein. “Unter anderem bearbeitete er über das Internet eingegangene Bestellungen und wies andere Gruppenmitglieder zum Versand der Bücher an”, so die Behörde. (…) In Zusammenhang mit dem “Schelm” laufen noch weitere Strafermittlungen: Die Rechtsextremistin Margret Nickel aus Nordhessen ist in den Fokus der Staatsschützer geraten. Nickel, die eine Buchhandlung mit angeschlossenem Verlag betreibt, soll zeitweise Bücher für den “Schelm” versandt haben. Nach Informationen von STRG_F ermittelt die Staatsanwaltschaft Kassel deshalb gegen die 78-Jährige wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung. (…) Derweil geht der Handel mit der volksverhetzenden Propaganda offenbar weiter: Der Shop des “Schelm” ist trotz der Razzia weiter erreichbar. Neuaufgelegte Literatur aus der NS-Zeit, antisemitische Hetzschriften und Bücher, in denen der Holocaust geleugnet wird, sind so weiterhin erhältlich.
via tagesschau: Neonazi-Verlag im Fokus der Ermittler