Wenn Migranten einen abgelehnten Asylantrag bekommen, können sie vor einem Verwaltungsgericht dagegen klagen. In Gera urteilten zwei Richter mit Nähe zur AfD deutlich öfter gegen klagende Flüchtlinge aus Afrika als der Bundesschnitt. (…) Spricht man mit Rechtsanwälten, die vor dem Verwaltungsgericht (VG) Gera regelmäßig klagen, kommt oft nur ein müdes Abwinken zurück. Sätze wie “Da habe ich eigentlich noch nie gewonnen” fallen dann. Oder, bezogen auf Fälle aus Nigeria: “Um da mal einen Fall zu gewinnen, muss schon viel passieren.” Die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion aus diesem Jahr enthält Zahlen zu den Asylverfahren vor deutschen Verwaltungsgerichten – und nun erstmals auch zu den Verfahren vor dem VG Gera. Dabei fallen verschiedene Dinge auf: Schlechtere Chancen für Nigerianer in Gera Die Antwort listet auf, wie erfolgreich Klagen nach den einzelnen Herkunftsländern waren. Wichtig ist: Gerichtsurteile sind immer Einzelfallentscheidungen. Die unterschiedlichen Quoten sprechen daher nicht zwingend und unmittelbar für eine strenge oder weniger strenge Spruchpraxis. Doch die teils erheblichen Unterschiede werfen Fragen auf: Beim Herkunftsland Nigeria zeigt sich zum Beispiel, dass die Chancen, in Gera ein Verfahren zu gewinnen, deutlich schlechter liegen als im Bundesschnitt. Für Nigeria war seit 2015 bis auf ein Jahr der Richter und Vizepräsident des Gerichts, Fuchs, zuständig. Das geht aus dem Geschäftsverteilungsplan des VG hervor, die der MDR einsehen konnte. Demnach sind in den vergangenen Jahren die Kammern zwei, vier und sechs für Asylverfahren zuständig gewesen. Fuchs ist Stand 2023 Vorsitzender der vierten Kammer – dazu kommen zwei weitere hauptamtliche Richter. (…) Zuständig war Fuchs zwischen 2017 und 2019 auch für Fälle aus dem Herkunftsland Eritrea. Dabei fällt auf, dass noch im Vorjahr 2016 die Positivquote in Gera bei 18,5 Prozent im Vergleich zu 12,8 im Bundesschnitt lag. Der Vorgänger von Fuchs gab also mehr Klagen statt als im Bundesschnitt. Im Jahr 2017, als Fuchs Eritrea übernimmt, dreht sich der Spieß um. Es sind nur zwei von 261 Fällen (0,8 Prozent), denen der Richter stattgibt – im Gegensatz zu immer noch recht hohen 9,3 Prozent im Bundesschnitt. Zu Gast auf der Wahlparty des Geraer OB-Kandidaten der AfD Es sind vor allem Richter Fuchs und sein Kollege, der Richter und Pressesprecher des Gerichts, Amelung, wegen denen das VG Gera seit ein paar Jahren einen teils zweifelhaften Ruf genießt. 2021 veröffentlichte der Journalist Joachim Wagner sein Buch “Rechte Richter und Staatsanwälte” und widmete den Ostthüringer Verwaltungsrichtern gleich ein ganzes Kapitel. Er weist darin nicht nur auf Urteile hin, die “überwiegend zugunsten neo-nazistischer Verbände, der NPD, der AfD […] ausgegangen sind.” Sondern er zeichnet zum ersten Mal eine in weiten Teilen restriktive Rechtsprechung gegen klagende Asylbewerber aus afrikanischen Staaten nach. Videos und Fotos auf Facebook von 2018 zeigen beide, Fuchs und Amelung, auf der AfD-Party nach der Oberbürgermeisterwahl in Gera mit dem Kandidaten und heutigen Landtagsabgeordneten Dieter Laudenbach. Es wird applaudiert, als Laudenbach vom Triumph gegen die “etablierten Parteien” spricht. Er war in beiden Wahlgängen Zweiter geworden. In Laudenbachs Restaurant “Graf Zeppelin” in Gera sind die Richter damals regelmäßig zu Gast und pflegen in Kommentarspalten auf Facebook ein freundschaftliches Verhältnis zum Rechtsaußen-Politiker. Erlaubt ist all das natürlich. Doch es spricht zumindest einiges dafür, dass Fuchs und Amelung den Positionen der in Thüringen als gesichert rechtsextremistischen AfD – samt ihren migrationskritischen Ansichten – nicht komplett abgeneigt gegenüberstehen oder zumindest standen.

via mdr: JUSTIZ Gera: AfD-nahe Verwaltungsrichter urteilen deutlich öfter gegen Asylsuchende aus Afrika