Amtsgericht Ebersberg : “Verkehrsminister” auf der Anklagebank

Ein scheinbar ehemaliges Mitglied der sogenannten Reichsbürger-Szene muss sich in Ebersberg vor Gericht verantworten. Dort wird deutlich, dass der 62-Jährige offenbar noch immer mit dem Gedankengut der fiktiven Regierung sympathisiert. Dem Titel nach hohe Polit-Prominenz musste sich am Dienstag vor dem Ebersberger Amtsgericht verantworten: Angeklagt war niemand geringeres als ein ehemaliger Verkehrsminister. Dieser jedoch übte sein Amt im “Bundesstaat Bayern” aus, eine dem Reichsbürger-Milieu nahen Scheinregierung. Weil er sich nicht nur die vermeintlichen Ausweisdokumente dieser Organisation besorgt hatte, sondern auch aktiv an deren Erstellung mitgewirkt haben soll, war der 62-jährige Nürnberger wegen Urkundenfälschung und Amtsanmaßung angeklagt. Damit aber nicht genug, denn bei einer Hausdurchsuchung des Mannes im Frühjahr 2017 fand die Polizei gleich eine ganze Reihe an Schusswaffen. Für die meisten davon hatte der Angeklagte zwar die notwendige Erlaubnis, ein alter Revolver, ein Springmesser und die als “Würgeholz” bekannten Nunchakus waren jedoch illegal in seinem Besitz. Auf dem Mann aufmerksam geworden waren die Behörden 2016 im Rahmen von Ermittlungen gegen die Szene bei einer größeren Razzia im nördlichen Landkreis Ebersberg. Dabei haben die Polizisten auch Hinweise auf den Nürnberger gefunden, der innerhalb der Organisation als Verkehrsminister durchaus eine Führungsrolle inne hatte. Kurios ist, dass der Angeklagte im echten Leben tatsächlich als Kfz-Sachverständiger arbeitet. (…) Dieser nämlich nutze das “letzte Wort” vor Gericht dazu, sich an eine Gruppe von Berufsschülern zu wenden, die den Prozess auf den Zuschauerplätzen verfolgte. Es gebe sehr wohl einen Staatsangehörigkeitsausweis, den sogenannten “gelben Schein” nämlich, erklärte der 62-Jährige. Dieser aber werde nur an bestimmte Berufsgruppen wie Politiker, Ärzte und Juristen verteilt. “Ihr seid im Grunde genommen also alle staatenlos”, so der Angeklagte in Richtung der verdutzten Schüler. Dem jedoch hielt der Staatsanwalt entgegen, der einzige gelbe Schein, den er besitze sei sein Impfausweis. Und auch Richterin Vera Hörauf wusste spätestens durch diese Ausführungen, woran sie beim Angeklagten ist. “Das ist Reichsbürgertum in reinster Form”, sagte die Vorsitzende. Es sei wirklich hanebüchen, was man hier vor Gericht manchmal zu hören bekomme. Eine mögliche Distanzierung zu der Szene könne sie jedenfalls beim Angeklagten nicht erkennen – und auch im Fall der illegalen Waffen befand Hörauf den Mann für schuldig. Sie verurteilte ihn deshalb zu einer Geldstrafe über 9100 Euro.

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