Vor dem Kieler Landgericht muss Hartmut F. sich wegen dreifachen Mordes verantworten. Die Ermittelnden fanden bei ihm rechtsextreme Devotionalien. Je 25 Kugeln feuerte der Zahnarzt aus Westensee im Kreis Rendsburg-Eckernförde am 19. März vergangenen Jahres aus einer Maschinenpistole auf seine Opfer. Am Hauseingang der Doppelhaushälfte in Dänischenhagen erschoss Hartmut F. seine von ihm getrennt lebende Ehefrau Hanna F. sowie ihren Bekannten. Nach eigener Aussage habe er eine Klärung mit seiner Ehefrau erreichen wollen. Nach der Tat fuhr der 48-Jährige nach Kiel zu einem Bekannten und schoss ihm mehrfach in den Kopf, da er ihm die Schuld am Ende seiner Ehe gab. Die Kieler Staatsanwaltschaft wirft F. dreifachen heimtückischen Mord aus niedrigen Beweggründen vor. Eine Beziehungstat, die auch durch ein politisches Interesse getriggert sein könnte.
Seit dem 23. Februar läuft der Prozess gegen F. vor dem Kieler Landgericht. Am fünften Verhandlungstag gestand der Beschuldigte, die Morde begangen zu haben. Im Haus von F. fanden die Ermittelnden aber nicht nur viele legale und illegale Waffen sowie Munition und Sprengmittel, sondern auch einen Wehrpass mit Reichsadler und Hakenkreuz, eine Anstecknadel mit Adler und Hakenkreuz, Gürtelschnallen mit dem NS-Symbol sowie verschiedene Publikationen aus der Zeit des Nationalsozialismus. Diese Funde könnten historische Devotionalien eines Waffen- und Kriegsinteressierten sein. Es sollen aber auch Gegenstände neueren Datums gefunden worden sein, heißt es aus Ermittlungskreisen: eine Kerze mit dem SS-Spruch „Meine Ehre heißt Treue“ im Saferaum und ein Plakat mit dem Gedicht „Meine Ehre heißt Treue“ des früheren SS-Mann Hans Hermann Weler an einer Kellerwand. (…) „Diese Funde deuten darauf hin, dass der Tatverdächtige sehr bewusst und umfassend den Nationalsozialismus verherrlicht. Gleichzeitig nahm er aber auch eine Aktualisierung vor: Sowohl die Zeitschrift wie auch das Gedicht sind keine historischen Dokumente des Nationalsozialismus, sondern verweisen auf die Bezugnahme und Verherrlichung über die historische Zeit hinaus“, sagt Johanna Sigl, Rechtsextremismusexpertin aus Hamburg mit Professur in Wiesbaden. Der Tatverdächtige scheint Bezugswege in die organisierte extreme Rechte zu haben. Aus dieser Einschätzung ergibt sich nicht, dass F. Mitglied einer entsprechenden Organisation ist, wohl aber, dass er weiß, wo solches Material zu bekommen ist.
via taz: Femizid-Prozess in Kiel – Angeklagter sammelt Nazi-Symbole