Der Messenger Telegram gilt als dubiose Plattform für Desinformationen und illegale Machenschaften. Im Ukraine-Krieg allerdings ist das Netzwerk die wichtigste Informationsquelle für Ukrainer und Russen überhaupt. Was unterscheidet die Plattform im Vergleich zu Facebook und Co.? Man hört nicht viel Gutes über Telegram – meistens zumindest. Miserable Sicherheitstechnik, Hochburg von Verschwörungserzählungen und Desinformation, Umschlagplatz für Drogen und gefälschte Impfausweise – und selbst Gewalttaten und Terroranschläge sollen über den umstrittenen Smartphone-Messenger schon geplant worden sein. (…) Was für den deutschen Rechtsstaat ziemlich unangenehm sein mag, dürfte am anderen Ende Europas derzeit ganz anders bewertet werden. Insbesondere jetzt im Ukraine-Krieg spielt der Messenger Telegram eine Rolle wie kaum eine andere Social-Media-Plattform. Und das mag auch mit dem Rebellentum seiner Gründer zu tun haben – und ihren Vorstellungen von Freiheit im Netz. Sowohl in Russland als auch in der Ukraine hat sich Telegram in den vergangenen Wochen zur wichtigsten Nachrichtenquelle überhaupt entwickelt. In den vergangenen drei Wochen kamen täglich durchschnittlich 2,5 Millionen neue Benutzer zu Telegram, heißt es vom Unternehmen – das entspricht einem Anstieg von etwa 25 Prozent gegenüber den Wochen zuvor. In der Ukraine sendet Präsident Selenskyj täglich Updates in seine Gruppe – 1,5 Millionen Menschen folgen ihm dort. Ukrainerinnen und Ukrainer tauschen sich über den Messenger derweil über die aktuellen Entwicklungen aus. Einwohner und Flüchtende berichten, dass sie über Telegram deutlich schneller über Angriffe informiert würden als über klassische Nachrichtenquellen – Telegram ist zu einem unverzichtbaren, vielleicht sogar überlebenswichtigen Werkzeug geworden.
via rnd: Zwischen Information und Propaganda – Die verzwickte Doppelrolle des Messengers Telegram