Mit Verständnis hat die Gewerkschaft der Polizei (GdP) auf die anhaltenden Proteste rechter Gruppen in Sachsen reagiert, die seit mehreren Wochen auch über die Grenzen des Freistaats hinaus bundesweit für Furore sorgen. Allein am Montag waren in zahlreichen sächsischen Städten tausende Menschen auf die Straße gegangen, um damit unter dem Label „Corona-Protest“ gegen die beschlossenen Maßnahmen der Landes- und Bundesregierung zur Eindämmung von COVID-19 zu protestieren. In Sachsen gilt dazu noch bis einschließlich 9. Januar 2022 die Corona-Notfall-Verordnung, welche bspw. das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit auf aktuell zehn Personen begrenzt. Wie die Polizei mitteilte, kam es bei den Versammlungen, zu denen neben der Gruppe „Freie Sachsen“ um den Nazi Anwalt Martin Kohlmann und den aus Dortmund zugezogenen Nazikader Michael Brück auch die AfD aufgerufen hatten, zu einer ganzen Reihe von Übergriffen auf die zahlenmäßig vielerorts völlig unterbesetzte Polizei. Dabei wurden nach Polizeiangaben allein im ostsächsischen Bautzen insgesamt 12 Beamt:innen verletzt und mehrere Einsatzfahrzeuge beschädigt, als mehrere hundert Menschen Polizeiketten durchbrachen und durch die Bautzner Innenstadt demonstrierten. Zu der Demonstrationen hatte im Vorfeld auch die lokale Nazigruppierung „Balaclava Graphics“ mit eigenem Video aufgerufen. Als Reaktion auf die anhaltenden Proteste und angeblich sinkende Infektionszahlen sprach sich GdP-Landeschef Hagen Husgen am Dienstag für eine Aufhebung der geltenden Einschränkungen des Versammlungsrechts aus. Seiner Ansicht nach sei es „nicht Aufgabe der Polizei […], einen breit auf der Straße ausgeführten Meinungsstreit, sofern er friedlich ist, mit polizeilichen Mitteln zu stoppen, nur weil die Politik diesen Disput an die Polizei outgesourct hat“. Ungeachtet anhaltender Angriffe auf Presse und Polizei gehöre es seiner Ansicht nach nicht zu den Aufgaben der Polizei, gesellschaftliche Probleme mit polizeilichen Mitteln zu lösen. Die geltende Verordnung sei in seinen Augen weder „zeitgemäß“, noch eine „lebensnahe Festlegung“, die „durchsetzbar“ wäre. Bereits vor den Feiertagen hatte Sachsens Polizeipräsident Horst Kretzschmar in einem Interview mit der TAZ ebenfalls davon gesprochen, gesellschaftliche Probleme nicht lösen zu können. Während sich die größte deutsche Polizeigewerkschaft dafür aussprach, die Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung zu beenden, zeigten sich Landtagspolitiker:innen entsetzt über die neuerlichen Ausschreitungen. So sprach sich die Landtagsabgeordnete der Linken, Kerstin Köditz, nicht nur für ein Verbot der Gruppe „Freie Sachsen“, sondern auch für den Rücktritt des offensichtlich mit seinem Amt völlig überforderten Sächsischen Innenministers Roland Wöller (CDU) aus. Zuvor hatte Sachsens Verfassungsschutzpräsident Dirk-Martin Christian gegenüber dem MDR vor einer „zunehmenden Gewaltbereitschaft und Radikalisierung“ gewarnt .