Naziparolen, Germanenkult, Corona-Leugnung – Das rechtsextreme Netzwerk ist intakt

Die früheren Bayern-Chefs der Bürgerwehr “Wodans Erben Germanien” stehen derzeit vor Gericht. Doch ihre einstigen Mitstreiter machen einfach weiter. Ihr Hass ist derselbe geblieben – nur verlagern sie ihre Aktivitäten zunehmend ins Internet. Naziparolen und Germanenkult, Corona-Leugnung und Politikerbeschimpfung: Während der Prozess gegen die unter Terrorverdacht stehende “Gruppe S.” läuft, macht die rechtsextreme Bürgerwehr “Wodans Erben Germanien” (W.E.G.) weiter – auch gut ein Jahr nach der Verhaftung ihrer beiden ehemaligen Bayern-Chefs Frank H. und Marcel W. Ein Mitglied der einstigen W.E.G.-Führungsriege leitet weiterhin die Gruppierung, derzeit unbehelligt von Polizei und Justiz. Vor dem Oberlandesgericht Stuttgart muss sich nur der mutmaßlich harte Kern der “Gruppe S.” verantworten, darunter der Münchner Frank H., der die Vorwürfe bestreitet. Selbst enge Kontaktpersonen tauchen im Prozess allenfalls auf der Zeugenliste auf. Ein Gesinnungsgenosse der beiden inhaftierten ehemaligen W.E.G.-Anführer hat sich inzwischen nach Österreich abgesetzt. Nach Berichten mehrerer Medien betätigt sich der Rechtsextremist als eine Art IT-Dienstleister für rechte und verschwörungsgläubige Gruppierungen insbesondere aus der Corona-Leugner-Szene. Frank Sch., der sich derzeit “Frank der Reisende” nennt, trat in München unter dem Namen “Frank Thueringen” mindestens zweimal an der Seite des wegen Rechtsterrorismus angeklagten H. auf – und zwar bei einer Gelbwesten-Kundgebung und als W.E.G.-Mitglieder in eine Asylbewerberunterkunft in Moosach eindrangen.
Prozess gegen “Gruppe S.”. Der Münchner Frank H. steht im Verdacht, gemeinsam mit anderen Mitgliedern rechter Bürgerwehren Anschläge auf Moscheen geplant zu haben, um einen Bürgerkrieg in Deutschland zu entfachen. Nun beginnt der Prozess.   Während die ehemaligen Bayern-Chefs Frank H. und Marcel W. und ein weiterer Mann sich wegen dieses mutmaßlichen Hausfriedensbruchs auch in München noch vor Gericht verantworten müssen und mehrere andere W.E.G.-Mitglieder Strafbefehle erhielten, soll Sch. sich nach Recherchen des ARD-Magazins Kontraste inzwischen in Österreich im Raum Wien aufhalten. Die Münchner Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET) fahndet nach ihm. Sch. will nach eigenen Angaben rund 4000 Gruppen auf dem Messenger-Dienst Telegram gegründet und vernetzt haben. Noch im Oktober trat Sch. auf einer “Querdenker”-Kundgebung in Nordbayern auf. Bei einer Münchner Anti-Corona-Demonstration wurde am 9. Mai zum letzten Mal ein W.E.G.-Mitglied mit dem Logo der rechten Gruppierung in der Öffentlichkeit gesehen – und zuletzt zwei Aktivisten am 27. Februar bei einer ähnlichen Versammlung in Landshut. Die Aktivitäten der vom Verfassungsschutz beobachteten Gruppierung finden derzeit vorwiegend im virtuellen Raum statt. Kritik an den mutmaßlichen Plänen ihrer verhafteten Mitstreiter, die laut Generalbundesanwalt durch blutige Anschläge auf Moscheen einen Bürgerkrieg heraufbeschwören wollten, üben sie dort keine. “Anders sein ist kein Verbrechen”, schreibt die Gruppierung zum Prozessauftakt – in einer Fotomontage ist ein gefesselter Skinhead in W.E.G.-Jacke vor einem Polizeiauto zu sehen. Die verbliebenen “Wodans Erben” lassen online keinen Zweifel an ihrer Gesinnung.

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