Ein Quartett um die bekannten Neonazis Stanley Röske und Robin Schmiemann steht in Dortmund vor Gericht: Als Rädelsführer sollen die Männer das Verbot von „Combat 18 Deutschland“ ignoriert und einfach weitergemacht haben, als wäre nichts gewesen – inklusive Vernetzung mit anderen militant-rechtsextremen Organisationen. Die Angeklagten schweigen zu den Vorwürfen. Aus ihrer Haltung aber machen sie keinen Hehl. Robin Schmiemann dreht schon vor Verhandlungsbeginn auf. Während seine Mitangeklagten noch bemüht teilnahmslos vor sich hin starren, demonstriert der 40-Jährige sein neonazistisches Selbstbewusstsein. Formt im Gerichtsaal seine Finger zur „White Power“-Geste, spricht einen antifaschistischen Pressefotografen mit Namen an, knipst ein Selfie vor der Phalanx der Fernsehkameras und Fotoapparate. Und grinst. Der Mann, aus Dortmund stammend, aber mittlerweile in Muggensturm (Baden-Württemberg) lebend, muss sich seit Donnerstag zusammen mit drei Gesinnungsgenossen vor dem Landgericht in Dortmund verantworten. Der Vorwurf: Verstoß gegen ein Vereinigungsverbot. Gemeinsam sollen die vier Angeklagten als Rädelsführer die Neonazi-Organisation „Combat 18 Deutschland“ weiterbetrieben haben, die 2020 wegen ihrer „Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus“ und ihrer Gewaltbereitschaft vom damaligen Innenminister Horst Seehofer (CSU) verboten wurde. (…) Fast 20 Treffen der verbotenen Gruppierung zwischen Oktober 2020 und März 2022 listet die Anklage auf, darunter sind Wanderungen (oder auch: „Leistungsmärsche“), Geburtstagsfeiern und Rechtsrockkonzerte, aber auch eine Aufnahmeprüfung für Neumitglieder und Vernetzungen mit anderen Neonazi-Organisationen wie der Eisenacher Kampfsportgruppe „Knockout 51“, die von der Bundesanwaltschaft als terroristische Vereinigung verfolgt wird, und dem extrem rechten Rockerclub „Brigade 8“. Am Rande des Trauermarschs zum Tod von Siegfried Borchardt („SS-Siggi“) am 9. Oktober 2021 in Dortmund soll es, vorbereitet von Robin Schmiemann, zudem zu einem Treffen mit William Browning gekommen sein, dem internationalen Chef von „Combat 18“. (…) Obwohl „Blood & Honour“ in Deutschland schon im Jahr 2000 verboten wurde, durfte „Combat 18“ hierzulande noch zwei Jahrzehnte weiter machen. Noch länger unbehelligt blieben die mutmaßlich als „Blood & Honour“-Ersatz gegründeten „Brothers of Honour“: Erst in dieser Woche gingen die Behörden mit Razzien in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen gegen die rockerähnlich auftretende Organisation vor. Im Zentrum der Gruppierung soll Marko Gottschalk stehen, Gründer und Frontmann der Dortmunder Rechtsrockband „Oidoxie“. Insgesamt ist in den Mitteilungen der beteiligten Landeskriminalämter von 14 Beschuldigten im Alter zwischen 35 und 57 Jahren die Rede. Die Männer, die nun in Dortmund vor Gericht stehen und zu den Anklagevorwürfen allesamt schweigen, haben es sämtlich zu einer gewissen Prominenz in der Szene gebracht. Der unter anderem wegen Schmuggels von Munition und Verstoßes gegen das Verbot von „Blood & Honour“ vorbestrafte Stanley Röske gehörte nach der Jahrtausendwende in Kassel zum Umfeld von Stephan Ernst, dem späteren Mörder des CDU-Politikers Walter Lübcke. Verteidigt wird er von den Szene-Anwält*innen Heiko Urbanzyk und Nicole Schneiders. Keven L. aus Eisenach, laut Anklage Röskes „rechte Hand“ und verantwortlich für den theoretischen Teil der Aufnahmeprüfungen mit Fragen wie „Wann wurde [Rudolf] Hess ermordet?“, kandidierte 2016 in Karlsruhe für die mittlerweile aufgelöste Kleinstpartei „Die Rechte“. Der 44-Jährige wird von Alexander Dann und Kati Schreiter vertreten. Gregor Alexander M. aus Höchstberg in Rheinland-Pfalz betreibt einen Versandhandel für Rechtsrock und Szenekleidung und saß wegen einer brutalen Racheaktion gegen einen angeblichen „Verräter“ hinter Gittern. Als Verteidigerinnen hat der 45-Jährige Jochen Lober und Kerstin Rueber-Unkelbach engagiert, die im Frankfurter Terrorprozess gegen die mutmaßlichen Reichsbürger-Verschwörerinnen um Heinrich XIII. Prinz Reuß die ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann vertreten – und das Verfahren dabei nach Kräften ins Lächerliche zu ziehen versuchen. Briefwechsel mit Beate Zschäpe Robin Schmiemann, der Mann mit dem demonstrativ zur Schau gestellten Selbstbewusstsein, ist ein rechtsextremer Hyperaktivist, unterwegs auf Demos und Konzerten genauso wie als brauner Tiktoker. Acht Jahre hat er im Gefängnis gesessen, weil er bei einem gescheiterten Raubüberfall einen migrantischen Mann angeschossen und lebensgefährlich verletzt hat. Auf dem Kehlkopf trägt er ein Tattoo mit zwei gekreuzten Stabhandgranaten – dem Abzeichen der berüchtigten SS-Sondereinheit Dirlewanger ebenso wie der „Arischen Bruderschaft“ von Neonazi-Führer und „Die Heimat“-Funktionär Thorsten Heise. Bekannt wurde Schmiemann aber vor allem durch den innigen Briefwechsel, den er mit der NSU-Terroristin Beate Zschäpe führte. Auch ihm stehen mit Hendrik Schnelle und Alexander Heinig einschlägig bekannte Verteidiger*innen zur Seite.

via endstation rechts: Vier Neonazis sollen „Combat 18“ nach dem Verbot weiterbetrieben haben

siehe auch: Dortmund: Mutmaßliche “Combat 18”-Rädelsführer vor Gericht. Die Angeklagten sollen die militante Neonazi-Gruppe “Combat 18 Deutschland” trotz eines Verbots weitergeführt haben. Vor fünfeinhalb Jahren hatte der damalige Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) die militante und verfassungswidrige Neonazi-Gruppe “Combat 18 Deutschland” verboten. Jetzt stehen in Dortmund vier Männer aus Thüringen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg vor Gericht. Sie sollen trotz des Verbotes die Gruppe weitergeführt haben und dabei als Rädelsführer in Erscheinung getreten sein. (…) Laut Anklage der Bundesanwaltschaft haben die vier Beschuldigten Stanley R., Keven L., Gregor M. und Robin S. die Gruppe bis mindestens in das Frühjahr 2022 weitergeführt. Konkret wird ihnen vorgeworfen, mindestens 14 geheime Treffen abgehalten zu haben. Dabei sollen sie auch Aufnahmeverfahren für neue Anwärter der Gruppe durchgeführt haben. “Gegenstand der maßgeblich von Keven L. und Robin S. betreuten Aufnahmeverfahren war neben einer praktischen Prüfung auch ein Theorieteil mit Fragen zum Nationalsozialismus”, so die Bundesanwaltschaft. Gregor M. soll Rechtsrock-Konzerte organisiert und mit Stanley R. “Tonträger und Kleidungsstücke mit Bezug zu Combat 18” verkauft haben. Stanley R. soll zudem Anführer der Gruppe gewesen und insbesondere für die Vernetzung zu anderen rechtsextremen Gruppen zuständig gewesen sein. Die Gruppe organisiert aber nicht nur Rechtsrock-Konzerte oder “Leistungsmärsche” durch Waldgebiete. “Aus dem Bereich geht weiterhin eine Gefahr aus”, warnt Professor Dierk Borstel von der Fachhochschule Dortmund. Dabei werde das Prinzip des “führerlosen Widerstands” angewendet. “Das heißt: Es ist eine Einzelradikalisierung. Jemand fühlt sich berufen mit Militanz und auch mit terroristischen Mitteln Gewalt anzuwenden.”


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