Ob über Homosexuelle, Dragqueens oder trans Personen: Desinformation über queere Menschen ist in den sozialen Netzwerken allgegenwärtig. Aus Sicht von Experten kann das verheerende Folgen haben. “Irrer Streit in England: Vagina soll jetzt ‘Bonus-Loch’ heißen”, titelt “Bild.de” am 9. Juli. In dem Artikel geht es um die britische Wohltätigkeitsorganisation Jo’s Cervical Cancer Trust, die angeblich vorgeschlagen habe, das Wort Vagina in “vorderes Loch” oder “Bonus-Loch” umzubenennen, um trans Männer bei der Krebs-Vorsorge besser zu erreichen. Trans Mann beschreibt einen Menschen, dem bei der Geburt das weibliche Geschlecht zugewiesen wurde, der sich aber als männlich identifiziert. Doch nicht alle trans Männer unterziehen sich einer geschlechtsangleichenden Operation.Das Thema griffen viele weitere Medien auf, auch in den sozialen Netzwerken wurde es oft geteilt. Dabei ist vieles an den Meldungen irreführend.Zunächst einmal ist der Vorschlag der Organisation Jo’s Cervical Cancer Trust bereits aus dem Jahr 2020 und somit drei Jahre alt. Zudem handelt es sich dabei um ein Glossar für medizinisches Personal, das Gebärmutterhalskrebsscreenings bei trans Männern oder non-binären Menschen durchführt. Das Wort Vagina soll nicht ersetzt werden, die Wörter “bonus hole” und “front hole” werden lediglich als alternative Wörter vorgeschlagen – mit dem Zusatz, dass es wichtig sei, welche Wörter jemand lieber verwenden würde.Auf ihrer Website schreibt die Organisation dazu, dass die Verwendung der “richtigen Sprache”, wenn man über die Geschlechtsidentität eines Menschen spricht, eine “einfache und wirksame Möglichkeit ist, Unterstützung und Anerkennung zu zeigen”. Doch in rechten Kreisen sowie von sogenannten trans exkludierenden radikalen Feministinnen und Feministen (TERF) ist die Empörung groß. Britische und Deutsche TERF-Aktivistinnen und Aktivisten halten den Vorschlag für “widerwärtig” und “frauenfeindlich”, schreiben etwa von der “Auslöschung der Frau”.Auch Norbert Kleinwächter, Stellvertretender Vorsitzender der AfD-Bundestagsfraktion, schreibt auf Twitter: “Frau mit Penis und jetzt Bonus-Loch. Es wird immer verrückter in dieser Welt der woken Transideologen.” Sogenannte alternative Medien greifen das Thema auf und machen damit Stimmung gegen trans Personen. So heißt es etwa: “Der Wokeismus” sei der Religionsersatz dieser Tage oder “abstoßend”, wer glaube, “der Transgender-Wahn hätte den Gipfel erreicht, irrt”, bis hin zu “diese Leute” seien “schwer geistesgestört”.Trans Menschen stünden ganz besonders im Fokus von Desinformation, sagt Kerstin Thost, Pressesprecherin des Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD). “In den vergangenen Monaten rund um die Debatte um das Selbstbestimmungsgesetz sehen wir nicht nur in Deutschland, sondern auch international einen verstärkten Angriff insbesondere auf trans Menschen.” Es sei verstärkt eine Mobilisierung von Hass, Hetze und “Dämonisierung gegen LSBTIQ” zu beobachten. LSBTIQ* steht für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender, intersexuelle und queere Menschen.
via tagesschau: Queerfeindlichkeit Verstärkte Mobilisierung gegen queere Menschen