Früher übernahm der Verfassungsschutz Informationen aus Neonazi-Dossiers. Die Anschlagspläne aus dem Jahr 2021 waren erst durch den jüngst präsentierten Verfassungsschutzbericht publik geworden. Es gab Hinweise darauf, dass ein Rechtsextremer einen Anschlag auf das Volksstimme-Fest der KPÖ geplant haben soll, ist darin zu lesen. Bei dem Mann wurden nicht nur zahlreiche Waffen sowie Sprengmittel gefunden, sondern auch eine Datei mit dem Namen “Freundes- und Feindesliste”. Weder die KPÖ noch die Personen auf diesen Listen wurden von den Behörden gewarnt. “Die Polizei tritt nicht an Zielgruppen heran, wenn die Informationsweitergabe keinen sicherheitspolizeilichen Mehrwert erkennen lässt und bloße Diskontinuitäten und Störungen des öffentlichen Lebens hervorrufen würde”, hieß es in einer Stellungnahme. Auch sei der Rechtsextremist “ein (auto-)radikalisierter Einzeltäter”, der zum Zeitpunkt des Festes in Untersuchungshaft saß. Allerdings belegen Recherchen von antifaschistischen Gruppen und auch der Verfassungsschutzbericht selbst, dass der Mann sich seit Jahren in der rechtsextremen Szene bewegt, etwa im Umfeld der Identitären. Dabei ist mit Feindlisten von Rechtsextremen nicht zu spaßen. Anfang der 1980er-Jahre bombten sich Neonazis durch so eine Liste, die zuvor zusammen mit einer Untergrundzeitschrift verbreitet wurde. Zu den Zielen zählten Simon Wiesenthal ebenso wie Filialen der Bekleidungskette Schöps, deren Besitzer ein Jude war. Den Tätern kam nicht die Polizei auf die Spur. Sie wurden verraten, weil einigen der Kameraden die Sache zu heiß wurde. Als die Täter vor Gericht standen, lagen dem Akt nicht nur die schwarzen Listen, sondern auch Fotos bei, die man von Staatspolizisten bei Treffen mit ihren V-Männern gemacht hatte. Die Staatspolizei (Stapo) war ein Vorläufer der Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst, die heute für den Verfassungsschutzbericht zuständig ist. (…) Wie Behörden mit rechtsextremen Feindlisten umgehen, sorgte auch im vergangenen Jahr für Schlagzeilen. Während des Prozesses gegen den neonazistischen Rapper Philip H., der als “Mr. Bond” einschlägige Lieder fabrizierte und unter anderem das Manifest des Attentäters von Christchurch übersetzte, wurde bekannt, dass sein Bruder hinter “Judas Watch” steckte. Auf der Website wurden öffentlich Feindeslisten von “Verrätern an der weißen Rasse” und “einflussreichen” Juden und Jüdinnen, inklusive Judenstern, geführt. Der Verfassungsschutz stufte diese Liste als Bedrohung ein und informierte Betroffene – nachdem die Seite medial ein Thema geworden war. Nachdem der Betreiber ausgeforscht worden war, haben aber weder Ermittler noch Justiz sie darüber informiert, dass er gefunden wurde. Ein Vorgehen, das von Betroffenen sehr scharf verurteilt wurde.

via standard: Warum rechtsextreme Feindeslisten Anlass zur Sorge sind