“Ich fühle mich sehr schlecht”: Diesen Satz lässt der Angeklagte seinen Anwalt beim Prozess in Bamberg verlesen. Er gibt zu, dass er die Synagoge anzünden wollte. Ein 22-Jähriger räumt den Versuch ein, in der Silvesternacht eine Synagoge in Brand zu stecken. Und das ausgerechnet im fränkischen Ermreuth, einem historisch gebrandmarkten Ort. Die Anklage der Generalstaatsanwaltschaft München beginnt nicht mit einer Erörterung des Tathergangs. Fürs Verständnis des danach geschilderten Sachverhalts ist Andreas Franck, dem Chefankläger gegen Antisemitismus in Bayern, zunächst anderes wichtig: “Der Angeklagte hat eine gefestigte judenfeindliche und rechtsextreme Geisteshaltung.” Besagter Mann, inzwischen 22 Jahre alt und aus dem Kreis Forchheim stammend, soll in der Nacht von Silvester auf Neujahr 2023 wenige Minuten nach Mitternacht einen Brandanschlag auf die Synagoge in Ermreuth versucht haben. Ermreuth, so muss man das wohl sagen, ist ein historisch gebrandmarkter, ein geschundener Ort. In den Siebzigerjahren hat von dem Dorf aus eine paramilitärische Truppe ihr Unwesen getrieben. Als verfassungsfeindlich wurde sie später verboten und war mit einem zugezogenen Bewohner schon namentlich aufs Engste verbunden: die “Wehrsportgruppe Hoffmann”, benannt nach dem heute noch in Ermreuth lebenden, gesundheitlich angeschlagenen Karl-Heinz Hoffmann. (…) “Spätestens im Verlauf des 31. 12. 2022”, so sagt es am Donnerstag Oberstaatsanwalt Franck im Amtsgericht Bamberg, habe der Angeklagte den Beschluss gefasst, “ein weithin sichtbares Zeichen seiner ablehnenden Einstellung gegenüber jüdischen Menschen und ihren Gebetshäusern zu setzen und eine Synagoge in Brand zu stecken. Zumindest was den grundsätzlichen Tatverlauf betrifft, lässt der 22-Jährige seinen Verteidiger die Anklage einräumen. Er gibt also zu, der Mann zu sein, der schwankend auf dem Video an der Synagoge zu sehen ist (…) Oberstaatsanwalt Franck nimmt das alles ungerührt zur Kenntnis. Er geht in der Anklage davon aus, dass der 22-Jährige den Zeitpunkt seines Brandanschlags sehr wohl bewusst wählte. Immerhin sei ihm als Ortskundigen klar gewesen, dass “sich viele Dorfbewohner und Feiernde gegen Mitternacht zum Dorfplatz begeben würden”. Zwar habe der junge Mann versucht, seine Identifizierung zu erschweren, etwa mit einer über die Kappe gezogenen Kapuze. An seinen Klamotten war aber immer noch der in Fraktur gehaltene Schriftzug “Unbeugsam” zu lesen. Und auch: “Mein Hass, mein Schmerz, Dein Leid.” Vier Minuten nach Jahreswechsel, so Franck, habe der 22-Jährige zunächst versucht, die Eingangstür der Synagoge zu öffnen. Als das misslang, stieg er auf eine Bank, hieb zweimal mit der linken Faust erfolglos an ein Fenster, nahm dann die rechte Faust und zerschlug die Scheibe. Danach habe er “einen Schuhkarton-großen pyrotechnischen Gegenstand” gezündet, wohl ein Bodenfeuerwerk, um es in den Innenraum der Synagoge zu werfen. So habe er Brennbares – Postkarten oder Broschüren – in Brand setzen wollen und zumindest in Kauf genommen, dass die ganze Synagoge abbrennt. Was glücklicherweise – trotz mehrerer Versuche – misslang.
via sz: Anschlag auf Synagoge : “Gefestigte judenfeindliche und rechtsextreme Geisteshaltung”
siehe auch: 2,5 Jahre Haft für Brandanschlags-Versuch auf Synagoge Ermreuth Das Amtsgericht Bamberg hat einen 22-Jährigen wegen versuchter schwerer Brandstiftung zu zweieinhalb Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt. Er hatte versucht, einen Feuerwerkskörper in die Synagoge Ermreuth zu werfen. Der Versuch misslang. Für den Prozess waren zwei Tage angesetzt worden. Bereits am ersten Tag hat der 22 Jahre alte Beschuldigte die Tat eingeräumt. Der Vorsitzende Richter attestierte ihm bei der Urteilsverkündung eine rechtsextreme Gesinnung. Die Aussetzung der Gefängnisstrafe von zweieinhalb Jahren auf Bewährung sei nicht möglich gewesen, so der Richter, weil die Gefahr einer Wiederholung bestehe. Allein die Verhängung von Auflagen zur Bekämpfung des Alkoholproblems und zur Änderung der rechtsradikalen Gesinnung seien nicht ausreichend. Tief verwurzelte judenfeindliche Gesinnung Auch Staatsanwaltschaft und Verteidigung sahen den Tatvorwurf der gemeinschädlichen Sachbeschädigung mit versuchter schwerer Brandstiftung als erfüllt an. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Freiheitsstrafe von drei Jahren beantragt. Eine Strafaussetzung zur Bewährung sei auch bei der niedrigeren Freiheitsstrafe nicht möglich, da die rechtsradikale und judenfeindliche Gesinnung des Angeklagten zu tief verwurzelt sei, so der Vertreter der Generalstaatsanwaltschaft München vor dem Amtsgericht Bamberg.