Zu Tausenden kehren inzwischen ehemalige Häftlinge, die sich für den Krieg in der Ukraine verpflichtet haben, in den russischen Alltag zurück. «Sie sind zu echten Patrioten ihres Landes geworden», rühmt sich der Chef der russischen Privatarmee Wagner, Jewgeni Prigoschin, der die verurteilten Straftäter im vergangenen Jahr in Gefängnissen des Riesenreichs anwarb. Sechs Monate sollten sie dienen – und im Gegenzug ihre Freiheit erlangen. «Mehr als 5000 haben ihre Verträge erfüllt», sagt Prigoschin. Die Zahl derer, die den Krieg nicht überlebten, nennt er nicht. Aber er sieht sie alle als Helden: die Toten und die Überlebenden. Der Kreml in Moskau spricht nicht über die für solche Einsätze von Gefangenen im Kriegsgebiet nötigen Begnadigungen durch Präsident Wladimir Putin. Staatsgeheimnis! Die Dekrete des Kremlchefs dazu werden aber teils von den Familien der Betroffenen veröffentlicht. (…) Für Prigoschin spricht dagegen vieles für sein Modell der Kriegsführung auch mit Verurteilten. Er behauptet, dass die Erfahrung auf dem Schlachtfeld viele Straftäter davon abbringen würde, neue Verbrechen zu begehen. «Sie schätzen das Leben, sie wollen ihr Land lieben, sie wollen nicht ins Gefängnis zurück.» Nach Schätzungen kämpften zeitweilig rund 50.000 Strafgefangene in den Wagner-Reihen. (…) In Teilen der Bevölkerung macht sich längst Angst breit, dass die Freigelassenen nach dem Kriegsdienst neue Straftaten begehen. Frauen protestieren, dass Banditen, Vergewaltiger und Mörder in Freiheit kämen. «Sie werden jetzt noch zu Kriegsverbrechern», heißt es etwa bei der Feministischen Antikriegsbewegung. «Ihre Begnadigung ist eine direkte Bedrohung für die Sicherheit und das Leben der Frauen und ihrer Kinder.» Durch die Kriegstraumata steige das Risiko der Gewalt, warnt die Bewegung. Auch Prigoschin musste erleben, dass einer seiner wegen Mordes verurteilten Schützlinge nach der Rückkehr in seine Heimatregion erst ein Autofenster mit einer Axt einschlug und dann eine 85 Jahre alte Frau im Nachbarort tötete. Von seinen 14 Jahren Haft hatte der Mann gerade einmal zwei abgesessen, als ihn der Wagner-Chef voriges Jahr für den Krieg engagierte.
via mindener tageblatt: FOLGEN DES RUSSISCHEN KRIEGES Russland fürchtet die Rückkehr der Wagner-Söldner