Ilias Kasidiaris, einst ranghoher Abgeordneter der rechtsradikalen griechischen Partei Goldene Morgenröte, muss noch über zehn Jahre eine Haftstrafe absitzen. Dennoch will er mit seiner neuen Partei bei den Parlamentswahlen in Griechenland antreten – und betreibt Wahlkampf aus seiner Zelle heraus. Nachdem bekannt geworden war, dass Ilias Kasidiaris mit seiner Partei, Ellines (Griechen), bei den Parlamentswahlen im Mai antreten möchte, begann der Unmut in Griechenland. Die mögliche Rückkehr ins Parlament eines wegen der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung verurteilten Ex-Abgeordneten der rechtsradikalen Partei Goldene Morgenröte (Chrysi Avgi) stieß in der Politik auf deutliche Abstoßung. Er löste gar Streit zwischen den einzelnen Parteien im Land aus. Sie schoben sich gegenseitig die Schuld für ein erneutes Aufleben einer rechtsextremen Partei zu. Die linke Syriza unter Ex-Ministerpräsident Alexis Tsipras sowie die sozialdemokratische Partei Pasok warfen dem Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis vor, seit über zwei Jahren zuzulassen, dass Kasidiaris, der den Holocaust leugnet, Wahlkampf aus dem Gefängnis betreibe. An die Zeiten der Goldenen Morgenröte als Oppositionspartei im Parlament wollen sich wohl höchstens die rechten Wählerinnen und Wähler in Griechenland erinnern. Einst angeführt von Parteichef Nikolaos Michaloliakos gehörte Kasidiaris zu den ranghöchsten Mitgliedern der Partei und war dort Pressesprecher. Im Jahr 2012 sorgte der heute 42-Jährige international für Aufsehen, als er während des Wahlkampfs die Vertreterin des Bündnisses der radikalen Linken in einer Talkshow mit einem Glas Wasser übergoss. Danach verpasste er der Vertreterin der Kommunistischen Partei zwei Ohrfeigen und einen Faustschlag. Einige Monate später wurde seine Immunität als Abgeordneter aufgehoben, um ihn vor Gericht zu bringen. Das war längst nicht die einzige Tat, durch die der rechtsextreme Politiker und seine Partei auffielen. Sie beschäftigte wegen Nazi-Verherrlichung und gewaltsamen Aktionen gegen Ausländer schon lange die Behörden. Nachdem im September 2013 der linke Musiker Pavlos Fyssas von Mitgliedern der Goldenen Morgenröte erstochen worden war, gab es auch gegen hochrangige Politiker der Partei polizeiliche Ermittlungen. Zudem wurde Kasidiaris, der eine Hakenkreuz-Tätowierung auf dem Oberarm trägt, 2014 wegen illegalen Waffenbesitzes und der Gründung einer kriminellen Vereinigung verhaftet. Seit Herbst 2020 verbüßt er – ebenso wie zahlreiche seiner ehemaligen Parteikollegen – eine 13,5-jährige Gefängnisstrafe. Kasidiaris wirbelt derzeit die Politik in Griechenland auf, betreibt Wahlkampf aus dem Gefängnis – inzwischen aber mit seiner eigenen Partei, die er vor seiner Festnahme 2020 gründete. Regelmäßig meldet er sich dafür aus seiner Zelle heraus auf Twitter und in seinem Youtube-Kanal zu Wort, gibt sogar Telefon-Interviews. Um zu verhindern, dass eine rechtsextreme Partei erneut ins Parlament gewählt wird, brachte die regierende Partei Nea Dimokratia neulich einen Antrag für eine Gesetzesänderung auf den Weg. Sie sollte es dem Obersten Gericht möglich machen, kriminelle Organisationen und konkret die Partei Ellines zu verbieten. Der für die Untersuchung beauftragte Richter und Vizepräsident des Obersten Gerichtshofes, Christos Tzanerikos, trat daraufhin einen Tag vor der geplanten Parlamentsabstimmung zurück. Zuvor hatte er in einer öffentlichen Erklärung von “einer noch nie dagewesene Regelung für die gerichtliche Chronologie” gesprochen und bezeichnete das Vorgehen als “einen direkten Eingriff in die Funktionsweise des Obersten Gerichtshofs”. Die Regierung hingegen dementierte jeglichen Eingriff in die Arbeit des Obersten Gerichts.
via stern: Ärger vor Parlamentswahlen: Rechtsradikaler Politiker betreibt Wahlkampf trotz Inhaftierung