Ein Aktivist steht wegen Angriffs eines Polizisten vor Gericht, doch der Vorwurf erweist sich als konstruiert Bei der Anti-AfD-Kundgebung im Juni 2021 nahm die Polizei viele Teilnehmer*innen fest und zeigte sie an – anscheinend mit konstruierten Vorwürfen. Foto: dpa/Annette Riedl Ein Mann läuft über den Asphalt neben einer Gruppe Polizisten, die eine junge Frau abführt. Plötzlich schert einer der Polizisten aus, stößt den Mann nach hinten, er taumelt zurück, der Polizist kommt hinterher und ergreift ihn, sodass sie beide zu Boden stürzen. Die Szene stammt aus einer Handyaufnahme vom 6. Juni 2021 auf dem Elsterwerdaer Platz in Biesdorf (Marzahn-Hellersdorf) während einer Anti-AfD-Kundgebung. Und sie beweist, dass der Mann und Kundgebungsteilnehmer, der nicht namentlich genannt werden will, den Polizisten nicht attackiert hat. Basierend auf Vorwürfen des Polizisten stand der Aktivist wegen tätlichen Angriffs und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte vor Gericht, wurde aber am Dienstag im Amtsgericht Tiergarten freigesprochen. Als die Richterin das Urteil verkündet, klatscht das Publikum. Ein Dutzend Unterstützerinnen hat sich in den engen Verhandlungsraum gezwängt, um der Verhandlung zu folgen und ihre Solidarität mit dem Angeklagten auszudrücken. Einige von ihnen waren selbst auf der Kundgebung in Biesdorf, um gegen den AfD-Landesparteitag zu protestieren. Vor dem Gerichtsgebäude im Vorfeld des Prozesses fordern sie deshalb im Rahmen einer kleinen Kundgebung nicht nur einen Freispruch in diesem Verfahren, sondern Konsequenzen für den gesamten Polizeieinsatz vom 6. Juni. Denn Beamte der elften Einsatzhundertschaft gingen eine halbe Stunde lang massiv gegen die antifaschistischen Kundgebungsteilnehmerinnen vor. Ausgelöst wurde der Einsatz, so vermuten es Beteiligte, von Parolen gegen den SPD-Abgeordneten im Abgeordnetenhaus Tom Schreiber, der als Innenpolitiker just an jenem Tag bei der Polizei hospitierte. Von den über 50 Teilnehmer*innen wurde etwa ein Drittel anschließend ergriffen und abgeführt und die Versammlung vom Anmelder aufgelöst, weil die Sicherheit der Anwesenden nicht mehr gewährleistet war. Die Anzeigen gegen die Festgenommenen lauteten Beleidigung, Gefangenenbefreiung, tätlicher Angriff, Widerstand. (…) E. beteuert aber, er habe den Schlag gesehen und gespürt. Als ihm dann die beiden weiteren Videos gezeigt werden, wird er kleinlaut. »Von wem ging die Aktion aus?«, fragt die Richterin. »Von mir«, räumt er ein. »Aber er hat deutlich seinen rechten Arm gehoben«, versucht er sich noch zu verteidigen, aber die Richterin sieht bei dem Aktivisten höchstens eine Reaktion auf E. und kein Anzeichen für einen Angriff. Selbst der Staatsanwalt sagt am Ende frei heraus: »Das Video zeigt eindeutig, dass an den Tatvorwürfen nichts wahr ist.«
via nd: Berlin Anti-AfD-Kundgebung Repression schiefgegangen