Heute, am 15.09.22 wurde am Landgericht Mühlhausen, etwa viereinhalb Jahre nach dem brutalen Übergriff durch zwei bewaffnete Neonazis auf zwei Journalisten in Fretterode und über einem Jahr nach Prozessbeginn ein Urteil gesprochen. Die beiden Angeklagten, Gianluca B. und Nordulf H., wurden wegen Sachbeschädigung in Tateinheit mit gef. Körperverletzung verurteilt. B. erhält eine Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung, H. lediglich 200 Arbeitsstunden gemeinnützige Arbeit. Trotz der enormen Brutalität des gezielten Angriffs, bei dem die Journalisten zunächst von den Neonazis mit dem Auto gejagt und dann mit Messer und schwerem Schraubenschlüssel angegriffen wurden, wodurch diese erhebliche Verletzungen davontrugen und der Tod in Kauf genommen wurde, bleiben die Täter mit milden Strafen auf freiem Fuß. Das offensichtliche rechte Tatmotiv im Sinne von Pressefreiheit wurde nicht anerkannt. Hierzu erklärt Franz Zobel, Projektkoordinator von ezra, der Beratungsstelle für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt in Thüringen: „Das Urteil lässt nicht nur die angegriffenen Journalisten im Stich, sondern ist eine Gefahr für die Pressefreiheit, in einer Zeit, in der pressefeindliche Angriffe durch rechte Täter zunehmen. Darüber hinaus ist es ein fatales Signal an die Angeklagten und die dahinterstehende militante Neonazi-Szene. Skandalös ist auch die Urteilsbegründung der vorsitzenden Richterin, die die Täter-Opfer-Umkehr der Verteidigung fortschreibt, indem sie zum Beispiel von gegenüberstehenden ideologischen Lagern spricht und den Betroffenen damit zusätzlich den Status als Journalisten aberkennt.“ Das Strafverfahren gegen die beiden Täter, das mit dem heutigen Urteil einen Abschluss findet, war von Anfang an durch inkonsequentes Handeln der Ermittlungsbehörden und Justiz gekennzeichnet. Unter anderem wurden nach der Tat durch Aussagen der Staatsanwaltschaft die Glaubwürdigkeit der Betroffenen in Frage gestellt. Notwendige Hausdurchsuchungen wurden nicht durchgeführt und während der Observierung des PKWs der Täter kurz nach der Tat konnten ungestört Gegenstände entnommen werden. Außerdem ließ der Beginn der Hauptverhandlung dreieinhalb Jahre auf sich warten.

via ezra: Skandal-Urteil im Fretterode-Prozess: Thüringer Justiz schützt Pressefreiheit nicht – Betroffene Journalisten werden im Stich gelassen

siehe auch: Opfer aus #Göttingen schwer verletzt – #Neonazis attackieren #Journalisten: #Strafen weit unter Forderung der Anklage – heftige #Kritik – #Fretterode #justizversagen #Heise #terror Im seit mehr als einem Jahr laufenden Prozess um einen Angriff auf Journalisten in Thüringen ist nun das Urteil gefallen. Das Strafmaß gegen zwei Männer aus der rechtsextremen Szene überrascht viele – und sorgt für heftige Kritik. Im Prozess um einen Angriff auf Journalisten sind zwei Männer aus der rechtsextremen Szene in Thüringen zu Strafen verurteilt worden, die deutlich niedriger blieben als von der Anklage gefordert. Bei dem Übergriff 2018 in der Region Fretterode waren zwei Journalisten aus Göttingen schwer verletzt worden. Die Vorsitzende Richterin sagte am Donnerstag bei der Urteilsbegründung, die Kammer habe nicht feststellen können, dass es sich bei der Tat um einen gezielten Angriff auf Journalisten gehandelt habe. Der jüngere der beiden Männer wurde zum Ableisten von 200 Arbeitsstunden verurteilt, der ältere Angeklagte zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr, die auf Bewährung ausgesetzt wurde. Das Urteil sorgte für Kritik.