Im Verfahren um die rechtsextremistischen Straftaten in Berlin-Neukölln werden erste Zeugen gehört. Gegen die Hauptangeklagten laufen weitere Ermittlungen. Der Mann im Zeugenstand ist groß und grauhaarig. Er trägt Uniform. Er ist Polizeibeamter. Wie alt er ist, bleibt unbekannt. Auch seinen Namen nennt er nicht. Er ist für die Beteiligten des Prozesses die Codiernummer 080. 080 war im Observationsteam, das Sebastian T. im August 2017 beobachten sollte, den Neonazi, der sich derzeit zusammen mit Tilo P. vor dem Amtsgericht Tiergarten unter anderem wegen zweier rechtsextremistisch motivierter Brandanschläge in Neukölln verantworten muss. (…) An diesem zweiten Verhandlungstag geht es jedoch nicht um den Anklagepunkt Brandstiftungen, sondern um Schmierereien, die Sebastian T. und Tilo P. ebenfalls vorgeworfen werden. (…) Zeuge 080 hat für diesen Mittwoch eine erweiterte Aussagegenehmigung von seinem Dienstherren erhalten. Aber viel sagen darf er trotzdem nicht. Und so mutet seine Aussage und die des Polizisten mit der Nummer 701 eher wie eine Farce an. Die Beamten dürfen wohl aus taktischen Gründen weder sagen, mit welchen Kollegen sie im August 2017 unterwegs waren noch wie viele Beamte an der Observation beteiligt waren. Banale Fragen der Verteidiger bleiben unbeantwortet 080 gibt noch nicht einmal preis, wie er sich in jener Augustnacht 2017 fortbewegt hat, wie er bei der Observation von T. und P. von einem Tatort zum anderen gekommen ist. „Mit einem Fahrzeug“, antwortet er kurz auf die Frage des Verteidigers von Sebastian T. „Wollen Sie uns verraten, ob das Fahrzeug zwei oder vier Räder hatte?“, hakt der Anwalt schon etwas genervt nach. Dazu habe er keine Aussagegenehmigung, antwortet 080. Zumindest ist von dem Zeugen zu erfahren, warum Sebastian T. in jener Nacht observiert und Tilo P. als Kontaktperson mitbeobachtet wurde. Der Einsatzanlass lautete nach Angaben des Zeugen: Inbrandsetzen von Kraftfahrzeugen. In der Vergangenheit waren bereits zahlreiche Autos bei rechtsextremistischen Anschlägen im Bezirk in Flammen aufgegangen. (…) Samuel B. soll im Jahr 2017 in Neukölln zusammen mit den anderen beiden Beschuldigten Aufkleber und Plakate mit rechtsextremistischen Inhalten verteilt haben, darunter Sticker mit dem Konterfei des Hitler-Stellvertreters Rudolf Hess. Sein Verteidiger, der in der rechten Szene bekannte Anwalt Wolfram Nahrath, hätte gern, dass das Verfahren gegen seinen Mandanten wegen einer „banalen Sachbeschädigung“ eingestellt wird. In einem Rechtsgespräch hat das Gericht „in Anbetracht der lange zurückliegenden Taten“ und bei einem Geständnis von Samuel B. in Aussicht gestellt, mit einer deutlichen Geldstrafe von 150 bis 200 Tagessätzen reagieren zu können. Dies halten auch die Vertreterinnen der Generalstaatsanwaltschaft grundsätzlich für möglich. Samuel B. und sein Verteidiger lehnen den Deal jedoch ab.
via berliner zeitung: Prozess um Brandanschläge: Zeuge 080 hüllt sich vor Gericht in Schweigen