Ein Online-Pranger soll seriös arbeitende Menschen und Institutionen als die eigentlich Verantwortlichen für aktuelle Krisen abstempeln. Dabei wird eine Diffamierungsstrategie verfolgt, die zum Ziel hat, die betreffenden Menschen durch Einschüchterung zum Schweigen zu bringen. Nicht nur die Selbsttötung einer Ärztin aus Österreich, die vorher massivem Cybermobbing ausgesetzt war, zeigt, dass hier dringend ein gesellschaftliches Umdenken und behördliches Umschwenken einsetzen sollte. Ungenierte Dieselfahrer- und Vielflieger:innen, rigorose Klimawandel- und Pandemieleugner:innen, militante Waffenbesitzer:innen, überzeugte Verschwörungsgläubige, stramme Antisemit:innen oder kurz zusammengefasst: Ein Konglomerat aus Querdenker:innen ist es, das sich um den Betreiber einer Website tummelt, die Stimmung gegen all jene machen soll, die sich an den wissenschaftlichen Konsens und die daraus resultierenden Empfehlungen halten. Auf dieser Website, auf der jede:r Artikel, Kommentare und Zitate einreichen kann, werden verschiedenen einflussreichen Persönlichkeiten und Institutionen aus Wissenschaft, Medien, Kunst, Kultur und Wirtschaft wie etwa Karl Lauterbach oder der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) “Faschismus”, “Zivilisationsbruch”, “Täterschaft”, “Übergriffigkeiten”, “menschenverachtende Formulierungen” und “Drangsalierungen” vorgeworfen, obwohl nichts davon auf die an den Pranger Gestellten auch nur ansatzweise zutrifft. Insgesamt fällt die Querdenken-Bewegung bei Demonstrationen durch eine zunehmende Radikalisierung auf. Auch offene Tötungswünsche werden sprachlich oder visuell, symbolisiert etwa durch mit Namen versehene Galgen, bei entsprechenden Veranstaltungen geäußert. Doch der neueste Clou ist die Erstellung eines digitalen Prangers. Die Botschaft ist dabei klar: wer darauf zu finden ist, ist für die radikalsten Querdenker:innen zum Abschuss freigegeben. Dieser Pranger wird folglich zum sogenannten Silencing genutzt – eine Taktik, die das Ziel verfolgt, Menschen ruhigzustellen, die wegen ihrer aufklärerischen Arbeit von Verschwörungsgläubigen als lästig empfunden werden. “Durch gezielte Drohungen oder eben die Veröffentlichung der Namen der Opfer sollen diese so stark eingeschüchtert werden, dass sie sich in Zukunft zurückhaltender oder gar nicht mehr öffentlich äußern”, erklären der Journalist Peter Zellinger und der Fake-News-Experte Andre Wolf. Bislang passiert bei der Aufarbeitung solcher Taten reichlich wenig. Viele Polizeidienststellen sind mit derartigen Fällen schlicht überfordert oder weisen nicht die ausreichende Medienkompetenz auf, um das Ausmaß bestimmter Agitationen im Netz vollumfänglich und korrekt einschätzen zu können. In vielen Ländern sind diese noch nicht einmal eigens und eindeutig als Verbrechen in den Strafgesetzbüchern gelistet, was eine konsequente Verfolgung selbiger zusätzlich erschwert. Dabei zeigt etwa die Verurteilung des Fake-News-Verbreiters Alex Jones zu Schadensersatzzahlungen, wie auch mit Verschwörungsideolog:innen umgegangen werden kann

via humanistischer pressedienst: Querdenken tötet – ebenso wie ein fahrlässiger Umgang damit

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