Zwei Rechtsextreme sollen im Frühjahr 2018 zwei Journalisten in Fretterode im Eichsfeld angegriffen und schwer verletzt haben. Derzeit wird am Landgericht Mühlhausen gegen die mutmaßlichen Täter Gianluca B. und Nordulf H. verhandelt. Wer sind die Männer und welche rechtsextremen Strukturen stecken dahinter? April 2018. Zwei Journalisten aus Göttingen recherchieren im Umfeld des alten Gutshauses Hanstein in Fretterode. Sie vermuten ein rechtsextremes Treffen im Anwesen des Neonazis und NPD-Kaders Thorsten Heise. Der stellvertretende Bundesvorsitzende der rechtsextremen NPD ist seit Jahren aktiv in der Partei und in freien Kameradschaften. (…) Einer der mutmaßlichen Angreifer soll Nordulf H. gewesen sein. Der 21-Jährige gehört zum engsten Umfeld von Thorsten Heise und bewegt sich seit Jahren in der rechtsextremen Szene, nimmt an Aufmärschen und Versammlungen teil. Der Twitter-Account “Tatort Fretterode” veröffentlichte ein Bild, das Nordulf H. beim Beschriften eines Transparents mit der Aufschrift “Lügenpresse” beim rechtsextremen “Eichsfeldtag” 2017 zeigen soll. Mit diesem Transparent war ein MDR-Kamerateam im späteren Verlauf der Veranstaltung durch rechtsextreme Ordner an Dreharbeiten gehindert worden. Kurz nach seiner mutmaßlichen Beteiligung an dem Angriff auf die Journalisten zog Nordulf H. laut ARD-Recherchen ins schweizerische Wallis, wo er bei einem Schweizer “Blood & Honour”-Aktivisten, einem Bekannten Thorsten Heises, lebte und arbeitete. (…) Der zweite Angeklagte, Gianluca B., gilt als enger Vertrauter von Thorsten Heise. Seit Jahren agiert der 27-Jährige in dessen Netzwerk im Grenzgebiet zwischen Thüringen, Hessen und Niedersachsen. NPD, Neonazi-Kameradschaften und rechtsextreme Initiativen sind hier eng vernetzt. B. war zeitweise Vizevorsitzender der NPD in Niedersachsen, aber auch aktiv im Kameradschaftsspektrum und in rechtsextremen Initiativen wie dem “Freundeskreis Thüringen/Niedersachsen”. Im Frühjahr 2017 war die Polizei mit Razzien gegen die Gruppierung im niedersächsisch-thüringischen Grenzgebiet vorgegangen, unter anderem wegen des Verdachts der Bildung einer bewaffneten Gruppe. Der Twitter-Account “Tatort Fretterode” veröffentlichte ein Video, in dem Gianluca B. beim Kampfsporttraining mit Thorsten Heise zu sehen ist. Für seine Beteiligung am Neonazi-Angriff auf den alternativ geprägten Leipziger Stadtteil Connewitz im Januar 2016 wurde B. vom Landgericht Leipzig im April 2021 zu einem Jahr und zwei Monaten Haft auf Bewährung sowie einer Geldzahlung an die Opferorganisation Weißer Ring verurteilt. Damals waren rund 250 Neonazis und rechtsextreme Hooligans zeitgleich zu einer “Legida”-Demonstration in der Innenstadt durch Connewitz gezogen und hatten eine Spur der Verwüstung hinterlassen.
via mdr: Bewaffneter Angriff auf Journalisten – Die rechtsextremen Netzwerke hinter dem Fretterode-Prozess