AfD-Parteitag Kalkar: Jörg Meuthen stellt die Existenzfrage

Beim AfD-Parteitag attackiert der Parteichef seine Widersacher – und fordert mit Blick auf den Verfassungsschutz Mäßigung. Eine “Corona-Diktatur” etwa gebe es nicht. Vordergründig geht es beim AfD-Bundesparteitag um ein Rentenkonzept und die Nachwahl zweier Vorstandsmitglieder. Doch bei dem Treffen in Kalkar findet auch ein Kampf um die Vorherrschaft in der Partei statt. Jörg Meuthen, Bundesvorsitzender der Partei, griff in seiner Eingangsrede am Samstagmittag seine innerparteilichen Gegner aus dem nationalistischen bis rechtsextremen Lager direkt an. Nur kurz ging er auf die anstehende Diskussion und Abstimmung über die Sozialpolitik ein. Dabei warb er für das im Leitantrag des Parteitages skizzierte, über Jahre hin entwickelte Rentenkonzept – und für die von ihm zusätzlich eingebrachte Idee eines steuerfinanzierten, bedingten Grundeinkommens. Sein Hauptthema, sagte Meuthen dann, sei aber ein anderes. Es folgte eine grundlegende Abrechnung mit einzelnen Akteuren der AfD. Die Partei sei an einem Punkt angelangt, “wo es nicht mehr automatisch weiter nach oben geht”, sagte Meuthen vor den etwa 600 Delegierten im Messezentrum der Stadt. Auf “breiter Front” sei derzeit wahrzunehmen, dass alle bisherigen Erfolge “gefährdet sind wie noch nie”. Das liege nicht an den politischen Gegnern, sondern an der Partei selbst. Statt in der Krise weiter erfolgreich zu sein, drohe das Gegenteil. (…) In seiner Analyse der Gründe ging der Parteichef auch auf einzelne Personen ein, ohne jedoch Namen zu nennen. Für diese nach innen gerichteten, kritischen Worte erhielt er teils Applaus. Einige Delegierte buhten aber auch, etwa als Meuthen sagte, der Partei sei nicht damit gedient, dass einige unter dem Konservativsein ein “Zurück ins Gestern” verstünden. Konkret benannte er Mitglieder, die “sich bei Bismarck zu Hause” fühlten und diese historische Figur “geradezu schwärmerisch” verehrten – ein deutlicher Hieb auf den heutigen Ehrenvorsitzenden und Fraktionschef Alexander Gauland. “Mit einer Rückbesinnung aufs Gestern ist das Morgen nicht zu gestalten”, warnte Meuthen und erhielt weiteren Applaus, als er beteuerte: “Die AfD ist keine rückwärtsgewandte Partei.” Auch auf die Störaktionen vergangene Woche im Bundestag ging Meuthen ein. Gäste von AfD-Abgeordneten hatten andere Parlamentarier und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier belästigt. Meuthen wandte sich gegen jene, die “rumkrakeelen und rumprollen”, die sich “in der Rolle des Provokateurs gefallen wie pubertierende Schuljungen”. Er sprach von einem Bundestagsabgeordneten, der es auf einer Corona-Demonstration “geradezu gezielt darauf angelegt” habe, in eine Rangelei mit der Polizei zu gelangen – das war unschwer erkennbar gegen den bayerischen Abgeordneten Hansjörg Müller gerichtet, der prominent bei Demonstrationen von Corona-Leugnern aufgetreten war und die Mund-Nasen-Maske als angebliches Symbol der Unterdrückung ablehnt.

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