Die Bombenexplosion auf dem Münchener Oktoberfest im Jahr 1980 wurde damals Gundolf Köhler zur Last gelegt. Doch Köhler habe sicherlich nicht alleine gehandelt, sagte der Journalist Ulrich Chaussy im Dlf. Rechtsextremismus sei kein Einzeltäterphänomen. Daran müssten sich Polizei und Justiz gewöhnen. Vor 40 Jahren, am 26. September 1980, explodierte auf dem Münchener Oktoberfest eine Bombe. Die schreckliche Bilanz: 13 Tote und mehr als 200 Verletzte. Als Täter wurde ein Mann identifiziert, Gundolf Köhler. Er sollte den Bombenanschlag auf der Münchener Theresienwiese angeblich aus Liebeskummer gemacht haben. Der damals junge Journalist Ulrich Chaussy hatte früh Zweifel, ob es wirklich ein Mann aus Liebeskummer war und hat dann unermüdlich recherchiert. Ulrich Chaussy hat viele Ungereimtheiten zusammengetragen, schlampige Tatortarbeit, verschwundene Beweisstücke.
Rechtsextremismus ist kein ein Einzeltäterphänomen „Ich kann nicht sagen, wer diese Mittäter gewesen sind, ich kann sagen, dass Köhler sicherlich nicht alleine gehandelt hat“, sagte Ulrich Chaussy im Dlf. Er mahnte dazu, von diesem „verdammten“ Einzeltätermythos im Kontext rechtsextremer Straftäter abzusehen. Stattdessen müsse man auf Netzwerke und Kontakte schauen. Er sei wichtig, zur Kenntnis zu nehmen, „dass Rechtsextreme nicht nur irgendwie emotionale Zeitbomben sind, dass einer morgens aufwacht und beschließt, am Abend irgendwie eine Gewalttat zu begehen.“ Polizisten, Staatsanwälte, Ermittler und auch die Justiz müssten sich daran gewöhnen, dass Rechtsextremismus ein Netzwerkphänomen ist und nicht ein Einzeltäterphänomen.
via deutschlandfunk: Vor 40 Jahren: Anschlag auf das Oktoberfest„Rechtsextremismus ist ein Netzwerkphänomen“
siehe auch: Gedenken an das Oktoberfest-Attentat vor 40 Jahren. Das neue Dokumentationszentrum zur Erinnerung an den Anschlag auf das Oktoberfest 1980. Foto: Sven Hoppe/dpa © Foto: Sven Hoppe
Überlebende schildern in bewegenden Worten ihre Lage, erstmals ist mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ein Staatsoberhaupt dabei.
40 Jahre nach dem Oktoberfest-Attentat haben hochrangige Gäste aus Politik und Gesellschaft sowie Vertreter der Opfer und Überlebenden am Samstag am Tatort auf der Theresienwiese in München an den schwersten rechtsextremistischen Anschlag in der Geschichte der Bundesrepublik erinnert. Deutlicher denn je geht von dem Gedenken der Appell aus: Der Kampf gegen Rechtsextremismus und rechte Netzwerke muss verschärft werden. „Der Rechtsextremismus hat tiefe Wurzeln in unserer Gesellschaft“, sagt Steinmeier. „Die rechtsterroristischen Mordtaten der vergangenen Jahrzehnte waren nicht das Werk von Verwirrten.“ Die Täter seien eingebunden gewesen in Netzwerke des Hasses und der Gewalt. „Diese Netzwerke müssen wir aufspüren.“ Sie müssten noch entschiedener bekämpft werden. „Wegschauen ist nicht mehr erlaubt.“ Die Aufklärung der NSU-Morde habe Licht in einen toten Winkel der Strafverfolgung gebracht. Ermittlungen liefen ins Leere, wenn sie nicht vorbehaltlos, sondern von Befangenheit und Vorurteilen geleitet würden. Der Schrecken rechten Terrors sei wieder nah, „gerade jetzt, nach dem Mord an Walter Lübcke, nach den Taten von Halle und Hanau“. Am 26. September 1980 hatte eine Bombe zwölf Wiesngäste und den rechtsextremen Bombenleger Gundolf Köhler in den Tod gerissen und über 200 verletzt. Die Bundesanwaltschaft hatte erst im Juli nach neuen Ermittlungen die Tat als rechtsextremistisch eingeordnet. Früher sprachen Ermittler von der Tat eines Einzelnen aus privatem Frust. Am Gedenken nahm auch Generalbundesanwalt Peter Frank teil. Klarer als je zuvor räumen Politiker nun nicht nur Fehler bei den damaligen Ermittlungen, sondern auch bei der politischen Einschätzung ein – und es gibt Entschuldigungen an die Adresse der Opfer. „Ihre Hilferufe hat man ignoriert, ihre Forderungen nach Unterstützung wurden oft genug abgelehnt und sie selbst sogar als Simulanten diffamiert“, sagt Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD). Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte: „Es tut mir leid und ich entschuldige mich für die Fehler, die in den Ermittlungen, aber auch in der Einschätzung zu der Tat gemacht wurden.“ Er spreche als Rechtsnachfolger aller anderen Ministerpräsidenten und als Verantwortlicher für den Freistaat. „Wer Rechtsradikale unterschätzt, versündigt sich an der Demokratie.“ Er gab ein „Schutzversprechen“ ab: „Wir werden nicht zulassen, dass Rechtsextremismus, Hass, Antisemitismus, Rassismus geduldet, akzeptiert oder irgendwie unterschätzt werden.“ Söder wandte sich auch an die Opfer: „Wir verneigen uns. Wir werden diesen Tag nie vergessen.“
Von <a href=”//commons.wikimedia.org/wiki/User:Muenih” title=”User:Muenih”>Muenih</a> – <span class=”int-own-work” lang=”de”>Eigenes Werk</span>, Gemeinfrei, Link