Mindestens 36 Verletzte nach Protesten in Gießen – #polizeigewalt

Das Aktionsbündnis in Gießen berichtet nach den Anti-AfD-Protesten von “willkürlicher und brutaler Gewalt” der Polizei. Der Landkreis zählte mindestens 36 Verletzte. Am Tag nach den Protesten gegen die Gründung einer neuen AfD-Parteijugend im hessischen Gießen haben Veranstalter, Behörden und die Polizei Bilanz gezogen. Ein Sprecher des Landkreises Gießen sagte der ZEIT, es habe mindestens 36 verletzte Demonstrierende gegeben, die in Krankenhäusern oder extra eingerichteten Behandlungszentren versorgt werden mussten. In der Regel habe es sich um leichte Verletzungen wie Prellungen und Schürfwunden gehandelt.  Eine Sprecherin des Universitätsklinikums Gießen sagte der ZEIT, dass dort auch ein gebrochenes Nasenbein und Kopfplatzwunden versorgt werden mussten. Insgesamt seien 15 Menschen im Klinikum ambulant behandelt worden, konnten die Klinik aber danach wieder verlassen, sagte sie. (…) Das Aktionsbündnis Widersetzen zeigte sich in seiner Bilanz “schockiert von der Polizeigewalt”. Auf einer Pressekonferenz berichteten Sprecherinnen und Sprecher des Bündnisses von “willkürlicher und brutaler Gewalt” der Polizei, darunter Faustschläge ins Gesicht, Schlagstockeinsätze und der Einsatz von Pfefferspray. Mehrere Videos im Internet belegen das.

via zeit: Mindestens 36 Verletzte nach Protesten in Gießen

siehe auch: Den Faschisten den Weg freigeprügelt“: Aktivisten erheben schwere Vorwürfe gegen Polizei nach AfD-Protest in Gießen Mehr als 25.000 Menschen haben gegen die Gründung der neuen AfD-Jugendorganisation demonstriert. Das Bündnis „Widersetzen“ wirft der Polizei massive Gewaltanwendung vor. Nach den Protesten gegen die Neugründung der AfD-Jugendorganisation in Gießen hat das Bündnis „Widersetzen“ der Polizei massive Gewaltanwendung vorgeworfen. Hessens Innenminister Roman Poseck (CDU) habe im Voraus betont, dass Gewalt niemals ein legitimes Mittel in der Demokratie sei – doch hätten in Gießen „Polizisten den Faschisten den Weg freigeprügelt“, sagte Laura Wolf, Sprecherin des Bündnisses. Poseck hatte seinerseits Teile der Demonstranten kritisiert. (…) Der Marburger Rechtsanwalt Jannik Rienhoff, der einige in Gewahrsam genommene Aktivisten des Bündnisses vertritt, erklärte, bereits im Vorfeld sei das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit „nicht besonders ernstgenommen worden“. Zu Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten sagte Rinnecker, Polizisten seien teils gegen Leute angerannt und hätten „draufgeschlagen“, was „offensichtlich rechtswidrig“ sei.  Suraj Mailitafi vom Bündnis „Widersetzen“ erklärte, die Stadt Gießen und die Polizei hätten bereits vor den Protesten ein Klima der Angst geschürt. Die Teilnehmenden der Versammlung hätten „willkürliche Gewalt“ zu spüren bekommen, während die AfD hofiert worden sei.

Unternehmerverband macht Rückzieher beim Umgang mit AfD

Nach Kritik und Austritten stellt der Familienunternehmer-Verband klar: Die Einladung von AfD-Abgeordneten war ein Fehler. Nun soll der Umgang mit der Partei neu diskutiert werden. Der Verband “Die Familienunternehmer” will seine Haltung zur AfD nochmal überdenken: Eigentlich hatte die Präsidentin Marie-Christine Ostermann erklärt, künftig mit Vertretern der Partei sprechen zu wollen. Im Oktober wurden bereits AfD-Politiker zu einer Veranstaltung eingeladen. Dafür gab es aber massive Kritik. Jetzt folgt die Kurskorrektur. “Es ist das Gegenteil von dem passiert, was wir wollten. Wir haben Abgeordnete der AfD zum Parlamentarischen Abend eingeladen, damit sie auch von uns hören, dass ihr Programm wirtschaftsfeindlich ist und dem Standort Deutschland schadet. Leider ist öffentlich – auch durch Äußerungen der AfD – der falsche Eindruck entstanden, dass wir die Partei stärken wollten”, heißt es in einer Stellungnahme Ostermanns. Das Gegenteil sei richtig: “Wir distanzieren uns von Extremisten und lassen uns von ihnen nicht vereinnahmen. Wir erkennen an, dass sich diese Einladung als Fehler erwiesen hat und nicht zu dem geführt hat, was wir beabsichtigt haben.” Nun wolle der Verband der Familienunternehmer in den nächsten Wochen und Monaten mit seinen Mitgliedern über den Umgang mit der AfD diskutieren. Man werde sich “auch in den kommenden Landtagswahlen klar und sichtbar gegen die AfD positionieren”. (…) Vergangene Woche war bekannt geworden, dass der Verband zu einer Veranstaltung im Oktober auch AfD-Politiker eingeladen hatte. Die Deutsche Bank hatte dem Verband daraufhin Räumlichkeiten in ihrer Repräsentanz in Berlin für weitere Veranstaltungen gekündigt. Mitgliedsunternehmen wie Rossmann, Vorwerk und Fritz-Kola hatten aus Protest gegen den neuen Kurs die Unternehmervereinigung verlassen.

via br: Unternehmerverband macht Rückzieher beim Umgang mit AfD

siehe dazu auch: Familienunternehmer-Verband: Wer die Mitglieder sind – und wer wegen der AfD geht Ein Verband, der sich für die Interessen von Unternehmen einsetzt: Das scheint erstmal nichts Schlechtes. Wenn dieser Verein allerdings rückschrittlich agiert, schadet das allen, den Unternehmen, ihren Angestellten – und der Gesellschaft. (…) Doch wer hier an klassische Familienunternehmen denkt – kleine Betriebe, Mittelstand, regionale Verwurzelung – liegt falsch. Zu den Mitgliedern zählen laut Lobbyregister zum Beispiel Sixt und Deichmann. Auch Kaffeefilter-Hersteller Melitta ist nach eigenen Angaben Mitglied des Verbands. Unternehmen, die zwar ursprünglich als Familienbetriebe starteten, heute aber längst global agieren. Insgesamt vertritt der Verband nur 0,2 Prozent der rund drei Millionen Familienunternehmen in Deutschland. Als Wirtschaftsverband ist der Familienunternehmer-Verband in erster Linie ein Lobbyverband, der sich in der Vergangenheit zum Beispiel gegen Flächentarifverträge, den Mindestlohn, die Besteuerung von Erbschaften und Vermögen und für die Abschwächung klimapolitischer Maßnahmen sowie die Erhöhung des Renteneintrittsalters eingesetzt hat. Schon in der Vergangenheit hatten „Die Familienunternehmer“ oft nur ihren eigenen Vorteil im Sinn und lobbyierten gegen soziale, nachhaltige Politik. Diese rückwärtsgerichtete Perspektive findet sich nicht nur bei sozialpolitischen Belangen, sondern auch offensichtlich in der Frage dazu, in welche politische Richtung sich der Verband orientieren will; Die Familienunternehmer Die Familienunternehmer – ehemals „Arbeitsgemeinschaft Selbständiger Unternehmer“ (ASU) – bezeichnet sich als politische Interessenvertretung der deutschen Familienunternehmen. Teil der Familienunternehmer ist auch die Gruppierung “Die Jungen Unternehmer”. Die Familienunternehmer stehen eigenen Angaben nach für Freiheit, Eigentum, Wettbewerb sowie Verantwortung und sehen sich selbst als “die Melkkühe der Nation”. Der Politik und der Öffentlichkeit soll ein positives Unternehmerbild sowie die Maxime „Mehr Markt, weniger Staat“ vermittelt werden. Konkrete Kampagnen richten sich u.a. gegen Eingriffe in das Privateigentum (z.B. bei den politischen Debatten um Vermögens- und Erbschaftsteuern) oder Regularien, die Unternehmen zu mehr Transparenz und Sorgfalt verpflichten (z.B. bei den politischen Debatten um das Transparenzregister und das Lieferkettengesetz). Der Verein hatte am 24.05.2024 6.600 Mitglieder und hat im Jahr 2023 bis zu zwei Millionen Euro und in 2021 über drei Millionen Euro für Lobbyarbeit ausgegeben

siehe auch: Lobbyregister des BUndestages: Die Familienunternehmer

AFD-EINLADUNG: „Das war eine schlechte PR-Aktion“

Ein Fachmann für Ethik erläutert, wie Unternehmer mit der AfD umgehen sollten – und wie nicht. Er hält viel von „Toleranz“, mahnt aber auch zum „Diskursabbruch“. Zusammenfassung Anhören Merken Teilen Drucken Wie sollen Unternehmer, Manager und Verbände mit der AfD umgehen? Darüber hat in der vergangenen Woche halb Deutschland geredet, weil herausgekommen war, dass der Verband der Familienunternehmer mit seiner Präsidentin Marie-Christine Ostermann zu einer Veranstaltung AfD-Bundestagsabgeordnete eingeladen und das zuvor bestehende „Kontaktverbot“ zu den Vertretern der Partei aufgehoben hatte. Der Verfassungsschutz stuft die AfD als rechtsextremistisch ein, in Umfragen kommt sie indes auf hohe Zustimmungswerte. Was also tun? Für solche Fragen gibt es hierzulande glücklicherweise einen ausgewiesenen Fachmann. Nils Goldschmidt ist Ökonom und Theologe, Direktor des Weltethos-Instituts in Tübingen, Wirtschaftsprofessor in Siegen und Mitglied im Deutschen Ethikrat. Üblicherweise hält er viel von Toleranz, Gesprächs- und Kompromissbereitschaft. In dieser Angelegenheit allerdings habe sich der Unternehmerverband für eine „schlechte PR-Aktion“ hergegeben, sagte Goldschmidt der F.A.S. Die von Ostermann vorgebrachte Rechtfertigung, man müsse der AfD inhaltlich begegnen, läuft nach seiner Ansicht ins Leere. Goldschmidts Analyse: „Wenn eine Seite mit Halbwahrheiten und Provokationen stets den Dialog verweigert, gilt es daraus den richtigen Schluss zu ziehen: Diskursabbruch.“ Das gelte auch für das wirtschaftspolitische Programm. „Wer gegen die EU und den Euro ist, gegen offene Märkte und gesellschaftliche Freiheit, gefährdet unseren Wohlstand“, urteilt Goldschmidt.

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Blockierte „Heimat“-Demo in Berlin – Aufs falsche Hütchen gesetzt

Neonazis riefen zu einer antiziganistischen Demo gegen Hütchenspieler nach Mitte. Trotz der Proteste in Gießen, stellten sich 1.000 Antifas in den Weg. Die rechtsextreme Partei Die Heimat, vormals NPD, ist bei ihrem ersten Demonstrationsversuch in Berlin seit fast zehn Jahren gescheitert. Nach mehr als zwei Stunden Stillstand in einem abgegitterten Bereich zwischen Humboldt Forum und Lustgarten rollten die etwa 130 Neonazis ihre Fahnen wieder zusammen. Die Polizei sah keine Möglichkeit, den Rechten eine Demonstration auf der angemeldeten Strecke bis zur Friedrichstraße zu ermöglichen. Angesichts von mehr als 1.000 Antifaschist:innen, die vor und neben dem rechten Aufzug demonstrierten, sei es „unverhältnismäßig, hier durchzurennen“, wie ein Polizeisprecher der taz sagte. Zur Gegenkundgebung hatten etwa die Omas gegen Rechts und die Initiative Geradedenken mobilisiert. Die ursprüngliche Route der Neonazis Unter den Linden war zum Teil versperrt. Es schien fast so, als sei die Polizei, die mit 300 Einsatzkräften vor Ort war, überrascht von dem starken Gegenprotest, schließlich demonstrierten zur selben Zeit mehrere tausend Berliner An­ti­fa­schis­t:in­nen in Gießen gegen den Gründungsparteitag der AfD-Jugend. Sollten die Rechten gehofft haben, das für einen ungestörten Aufzug ausnutzen zu können, ging der Plan nicht auf. (…) Im Fokus auf ihrer zur Kundgebung gestutzten Demo stand der Ruf nach einem härteren Vorgehen gegen „Hütchenspieler“. Was dahinter eigentlich steckt – wenn es nicht Rache für den Geldverlust eines Neonazis ist – machten die Reden klar, in denen unverhohlen von „Zgnrbanden“ gesprochen wurde. Es geht ihnen um offenen Rassismus gegen Sin­tiz­ze und Rom*nja. Doch die Außenwirkung blieb beschränkt. Unter Rufen und Tröten der Ge­gen­de­mons­tran­t:in­nen waren die Reden außerhalb der Nazidemo selbst nicht zu hören.

via taz: Blockierte „Heimat“-Demo in Berlin Aufs falsche Hütchen gesetzt

siehe auch: 300 Polizisten, 1200 Gegendemonstranten, vier Festnahmen: Neonazis demonstrieren im Herzen Berlins – doch marschieren können sie nicht Der NPD-Nachfolger Die Heimat sucht den Schulterschluss mit jungen Neonazi-Gruppen, gemeinsam wollte man am Samstag durch Mitte ziehen. Gegendemonstranten stoppten den Aufzug. Nach etwa 20 Metern war Schluss: Der Neonazi-Marsch mit etwa 150 Teilnehmern, der am Samstag durch Berlin ziehen sollte, stoppte schon kurz nach dem Start um 14 Uhr am Berliner Dom. Laut Polizei hatten sich über 1200 Personen des Gegenprotests vor der Schlossbrücke postiert. Dadurch wurde der Weiterzug blockiert. (…) Im Gespräch mit der Polizei bei der Demonstration empörte sich Heimat-Chef Peter Schreiber darüber, dass die Polizei den Weg für die Neonazi-Demo nicht frei mache. „Wären wir auf uns alleine gestellt, würden wir uns schon Raum schaffen“, sagte Schreiber dem Tagesspiegel.

Bröckelnde #Brandmauer – CDU-Arbeitnehmerflügel grenzt sich von AfD ab

Die Christlich-Demokratische Arbeitnehmerschaft sieht in der AfD »die größte Bedrohung für die arbeitende Mitte«. Von ihrer Mutterpartei fordert sie einen klaren Kurs und mehr Bürgernähe. (…) Die Christlich-Demokratische Arbeitnehmerschaft Deutschlands (CDA) hat sich nun noch einmal deutlich gegen die AfD positioniert – und fordert das in einer am Samstag verabschiedeten Kasseler Erklärung auch von ihrer Mutterpartei. »Wer Populisten stoppen will, braucht eine Partei, die Haltung zeigt«, erklärte der CDA-Bundesvorsitzende Dennis Radtke. Er nannte die AfD »die größte Bedrohung für die arbeitende Mitte«. Die CDU sei »die Heimat für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, für Familien, für Menschen mit kleinem und mittlerem Einkommen«, steht in der Erklärung der Arbeitnehmervereinigung der CDU. Die Partei müsse dieses politische Engagement noch deutlicher betonen und herausstellen.

via spiegel: Bröckelnde Brandmauer CDU-Arbeitnehmerflügel grenzt sich von AfD ab

“Generation Deutschland” Zehntausende protestieren in Gießen gegen neue AfD-Jugendorganisation

Zehntausende haben in Gießen gegen die neue AfD-Jugendorganisation demonstriert – die meisten von ihnen friedlich. Gleichzeitig kam es zu Blockaden, Wasserwerfereinsätzen und Gewaltvorwürfen. Die Gründung der “Generation Deutschland” verzögerte sich deutlich. Bei den Demonstrationen gegen die Gründung der neuen AfD-Jugendorganisation am Samstag kam es nach Angaben der Polizei neben friedlichem Protest auch zu gewaltsamen Zusammenstößen. Autobahnen, Bundesstraßen und Landstraßen wurden durch Demonstrationszüge und selbstgebaute Barrikaden blockiert. Die Polizei setzte Wasserwerfer ein. Nach Angaben des Innenministeriums kamen 25.000 bis 30.000 Demonstranten nach Gießen. Das Bündnis Widersetzen hatte den Tag über zu Blockade-Aktionen aufgerufen. Insgesamt beteiligten sich 50.000 Menschen an Protesten. Die Vorgängerorganisation Junge Alternative (JA) war vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuft worden und hatte sich aufgelöst. Poseck: “Ich verurteile diese Gewalt massiv” Die größte Kundgebung organisierte der Deutschen Gewerkschaftsbund mit rund 20.000 Teilnehmern. Die meisten Demonstranten protestierten friedlich, mit bunten Plakaten, Musik und Parolen gegen Rechtsextremismus. (…) In den Hessenhallen gründete die AfD am Nachmittag ihre neue Jugendorganisation. Sie heißt “Generation Deutschland”. Neuer Vorsitzender ist Jean-Pascal Hohm, der 28-Jährige wird vom Brandenburger Verfassungsschutz als Rechtsextremist beobachtet. Der 27-jährige Nafiur Rahman aus Bad Vilbel (Wetterau) wurde als hessischer Vertreter in den Bundesvorstand der neuen Organisation gewählt. Die Gründungsversammlung mit rund 840 Teilnehmern endete am frühen Abend. Die AfD nannte die zentrale Lage Gießens als Grund für die Wahl des Veranstaltungsortes. Die Stadt hatte darauf nach eigenen Angaben keinen Einfluss. Die Vermietung durch die privat betriebene Messe Gießen war im Vorfeld umstritten.

via hessenschau: “Generation Deutschland” Zehntausende protestieren in Gießen gegen neue AfD-Jugendorganisation

Über Brandmauern, Spiritus und angebliche Sachlichkeit

Marie-Christine Ostermann will die Brandmauer zur AfD einreißen und nennt es „Sachebene“. Warum das politisch naiv und brandgefährlich ist. Man löscht ein Feuer nicht, indem man es analysiert. Wenn sich Funken zu einem Feuer zusammentun, hat man mehrere Möglichkeiten: Man kann sie austreten, löschen, ihnen den Sauerstoff entziehen oder zumindest mit einer Brandmauer den Übergriff auf benachbarte Bereiche vermeiden. Was man nicht tun sollte: Spiritus darüber kippen. Auch wenn er, streng genommen, eine Flüssigkeit ist. Genau das tut Marie-Christine Ostermann dieser Tage. Die Präsidentin des Verbands der Familienunternehmer – und damit die Stimme von mehr als 6.500 Unternehmer in Deutschland – hat vor einigen Tagen auf Linked erklärt, die Brandmauer zur AfD sei „gescheitert“. Man könne, so Ostermann, ein Viertel der Wähler nicht länger „durch moralische Ausgrenzung“ zurückgewinnen; jetzt brauche es endlich die „Auseinandersetzung mit den Inhalten der AfD, jenseits von schlichten Kategorisierungen in gut und böse“. Für viele politische Beobachter klang das nicht wie eine unglückliche Formulierung, sondern wie ein Tabubruch. Der „Spiegel“ sprach prompt vom „fatalen Flirt der Familienunternehmer mit der AfD“, die „Süddeutsche Zeitung“ fragte, wie stabil die Brandmauer zwischen Wirtschaft und Rechtsextremismus überhaupt noch sei. Ostermann versucht nun in Interviews zu relativieren. Sie selbst nennt das „Diskutieren heißt nicht akzeptieren“. Das klingt zunächst nach demokratischer Selbstverständlichkeit, ist aber in Wahrheit eine bemerkenswerte Vernebelungstechnik: so, als wolle man nur „in der Sache“ mit jemandem sprechen, der mit brennender Zigarette im Stroh steht und sich dann wundert, dass andere das für leichtsinnig halten. Die Illusion der harmlosen Debatte Damit da keine Missverständnisse entstehen: Natürlich darf man diskutieren. Niemand bestreitet das. Aber es macht einen Unterschied, ob man im Parlament spricht, wo institutionelle Regeln gelten, oder ob man als Verband mit politischem Gewicht jene einlädt, deren Geschäftsmodell auf Verächtlichmachung, Spaltung und Demokratieerosion fußt. Und auch, wenn Ostermann hier auf den Druck einiger ihrer Mitglieder reagieren mag: Was sie da als liberale Großzügigkeit inszeniert, ist tatsächlich politische Naivität – auch jener Verbandsmitglieder, die hinter dem Vorschlag stehen.

via politik+Kommunikation: Über Brandmauern, Spiritus und angebliche Sachlichkeit