In Roßlau, Sachsen-Anhalt, wurde der AfD-Politiker Laurens Nothdurft zum Ortsbürgermeister gewählt. Er war Mitglied eines verbotenen Neonazi-Vereins. Im Jahr 2020 ist der Rechtsextremist Andreas Kalbitz wegen seiner Mitgliedschaft in der Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ), einer von der Hitlerjugend inspirierten Jugendorganisation, noch aus der AfD geflogen. Im Jahr 2024 werden ehemalige HDJ'ler in der AfD dagegen zu Ortsbürgermeistern gewählt – obwohl die 2009 verbotene Neonazi-Organisation weiter auf der Unvereinbarkeitsliste der Partei steht. Der Fall zeigt einmal mehr, wie wenig Wert diese Liste ist und wie offen rechtsextrem die Partei auch auf den unteren Ebenen ist. Gewählt wurde der tiefbraune AfD-Politiker mit dem Namen Laurens Nothdurft in Roßlau, einem Stadtteil von Dessau-Roßlau. Am Dienstagabend wählte ihn der Ortschaftsrat Roßlau mit sechs zu drei Stimmen, zwei Stimmen waren ungültig. Nothdurft sitzt in dem Ortschaftsrat für die Bürgerliste Roßlau. In einer geheimen Abstimmung zog der ehemalige Oberbürgermeister der kreisfreien Stadt, Klemens Koschig (Neues Forum) den Kürzeren, obwohl dieser bei der Kommunalwahl die meisten Stimmen bekommen hatte. Die bisherige Ortsbürgermeisterin Christa Müller von der CDU stand nicht mehr zur Verfügung, wollte Nothdurft aber zur Seite stehen. „Ich möchte noch gerne begleiten, was vor uns liegt und was angeschoben worden ist“, sagte Müller der Mitteldeutschen Zeitung. Was in Roßlau wie eine normale Amtsübergabe klingt, ist es in Wirklichkeit nicht: Nothdurft ist fest im Neonazi-Milieu verankert. Das Antifa-Magazin Der Rechte Rand berichtete bereits 1999 von seinen Aktivitäten im Zusammenhang mit der HDJ. 2002 war Nothdurft Bundesführer bei der neofaschistischen Organisation, die Zeltlager für Jugendliche abhielt, die dort nach nationalsozialistischen Idealen gedrillt und geschult werden sollten. Seine Partnerin Hildegard Nothdurft war dort „Bundesmädelführerin“. Die beiden haben heute zusammen sieben Kinder. Überhaupt sind die Nothdurfts eine schrecklich braune Familie: Sein Vater Joachim Nothdurft tauchte im NPD-Umfeld auf, war auch Bundesschriftführer der rechten Kleinpartei DSU. Auch dessen zweiter Sohn war dort im Vorstand aktiv. Gemeinsam mit seinem Vater sitzt Laurens Nothdurft ebenfalls in der AfD-Fraktion des Stadtrats von Dessau-Roßlau. Gemeinsam besuchten sie auch schon 2002 eine Demonstration der NPD. Laut der Mitteldeutschen Zeitung arbeitet Laurens Nothdurft auch für die AfD-Fraktion im sachsen-anhaltinischen Landtag und vertrat sie gerichtlich als Rechtsanwalt. Dogwhistle an Neonazis Ein Text, den Laurens Nothdurft anlässlich seiner Kandidatur für Facebook über die Bürgerliste Roßlau verbreiten ließ, lässt sich auch als Dogwhistle an Rechtsextreme lesen. Er beschreibt sich als bürgerlich-biederen Rechtsanwalt mit geregeltem Lebenslauf und Vereinsleben, er sei herumgekommen und habe einiges erlebt – unter anderem bei der „Jugendarbeit“, womit eigentlich nur die HDJ gemeint sein kann.
via taz: HDJ-Führungskader für die AfD gewählt :Deutschland. Aber tiefbraun.