Am Donnerstag startete ein neuer Berufungsprozess gegen den Rechtsextremisten und Provokateur, Sven Liebich. Ihm droht eine Haftstrafe. Es ist nicht der erste Prozess – und wird auch nicht der letzte sein. Doch welchen Effekt haben die Prozesse auf Liebich und sein Handeln? Eine Analyse. In Halle wird der Prozess, in dem Rechtsextremist Sven Liebich erstmals zu einer Haftstrafe verurteilt wurde, neu aufgerollt. Es gab bereits hunderte Verfahren gegen ihn, die wieder eingestellt wurden, doch mittlerweile sammeln sich die Verurteilungen. Er wird wohl auch in Zukunft die Justiz noch weiter beschäftigen. Den wunden Punkt sprach Sven Liebich selbst an. Die Staatsanwaltschaft Halle habe über die Jahre so viele Verfahren gegen ihn eingestellt, da habe er irgendwann gedacht, er sei im Recht. So zumindest argumentierte der bekannte Rechtsextremist am Donnerstag vor dem Landgericht Halle. An sechs Tagen soll dort ein Prozess neu aufgerollt werden, der vor dem Amtsgericht Halle mit einem Schuldspruch geendet war: anderthalb Jahre ohne Bewährung, unter anderem für Volksverhetzung und üble Nachrede. (…) Nach mehr als 300 Ermittlungsverfahren gegen Liebich, nach einigen Geld- und Bewährungsstrafen, war es die erste Haftstrafe für ihn. Er selbst ging dagegen in Berufung, die Staatsanwaltschaft auch. Sie hatte ursprünglich zwei Jahre Haft gefordert. Zum Prozessauftakt wurden Videos abgespielt. Sie zeigen das Bild, das jahrelang Halles Innenstadt geprägt hat. Liebich, wie er auf dem Markt steht, erst zu seinen Zuschauern im Internet-Livestream spricht, dann zu den Passanten auf dem Markt. Wie er schreit und über andere Menschen herzieht. Zahlreiche Verfahren in Vergangenheit eingestellt Die Liste jener Menschen, die Liebich dabei markiert hat, ist lang: Es sind jüdische, queere und schwarze Menschen, Politiker, Journalistinnen, Aktivistinnen, Mitarbeiter der Behörden. Die Richterin liest im Saal Obszönitäten vor, die Liebich über ältere Aktivistinnen und Geflüchtete verbreitet hatte. Wer Ziel dieser Attacken wurde, musste in der Vergangenheit mitunter ein Verfahren erzwingen, um zu seinem Recht zu gelangen. So auch eine jetzt betroffene Aktivistin. Denn die Staatsanwaltschaft Halle stellte Dutzende Verfahren ein. Bei der schwierigen Abwägung, wo die Grenzen der Meinungsfreiheit liegen, entschied sie oft im Zweifel für Liebich, zu oft aus Sicht von Betroffenen und Beobachtern. Liebich, so schien es, wurde lange kein Einhalt geboten. Liebich ist auf Bewährung Doch mittlerweile sammeln sich die Verurteilungen. Liebich ist auf Bewährung. In den Schuldsprüchen geht es um Körperverletzung, Verleumdung von Personen des politischen Lebens, Volksverhetzung, Beleidigung, üble Nachrede und die Beschimpfung von religiösen Bekenntnissen. Ein Richter nannte Liebich mal einen Überzeugungstäter. (…) Liebich versuche jetzt alles zu tun, um einer Haftstrafe zu entgehen. “Ich halte das für ein rein taktisches Vorgehen”, so Hacken. Er erinnerte daran, dass Liebich schließlich auch behauptet hatte, aus der extrem rechten Szene ausgestiegen zu sein. Was dann folgte, ist bekannt und mündet eben in Prozesse wie jenen vor dem Landgericht. Weitere Anklagen gegen Liebich Was am Donnerstag ebenfalls kurz Thema war: Am Amtsgericht Halle sind drei weitere Anklagen gegen Sven Liebich anhängig. Zeitnah soll zudem in Leipzig ein zweites Berufungsverfahren stattfinden. Dort geht es um den Vorwurf der gemeinschaftlichen Körperverletzung. In der ersten Instanz hatte Liebich dafür ebenfalls eine Haftstrafe erhalten.

via mdr: ANALYSE Rechtsextremist Sven Liebich und die Justiz