Am Oberlandesgericht Dresden wurde nach acht Verhandlungstagen heute das Urteil gegen die drei Angeklagten des antisemitischen Verlags „Der Schelm“ gesprochen. Wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung sowie Volksverhetzung wurde ein früherer Mitarbeiter zu einer Haftstrafe, zwei weitere zu Bewährungsstrafen verurteilt. Der Vorsitzende Richter am Oberlandesgericht Dresden, Hans Schlüter-Staats, beginnt seinen Urteilsspruch mit einem Zitat aus einem Buch, welches der rechtsextreme Verlag „Der Schelm“ vertrieben hatte und mahnte, dass diese Wörter ein „Boden für fürchterliche Gewalttaten“ seien. Vom Verlag „Der Schelm“ spricht er in seinem Urteil von einem „organisiertem Geschäftsbetrieb“ und von einem „Logistikbetrieb“, welchen die drei Angeklagten gemeinsam mit Adrian Preißinger aufgebaut hätten, der Richter spricht von „Rädelsführern“. Dabei wäre der übergeordnete Zweck des Verlags in erster Linie nicht die Verbreitung antisemitischen Gedankenguts gewesen, sondern hohe Einnahmen zu generieren. Dennoch seien alle drei Angeklagten zur damaligen Gründung Rechtsextremisten und Anhänger der NS-Zeit gewesen und hätten die Verbreitung entsprechender Inhalte begrüßt. Die Bundesanwaltschaft hatte angegeben, dass die Angeklagten in der Zeit zwischen August 2018 und September 2020 durchschnittlich 40 Bestellungen pro Tag verarbeitet hätten. Das würde knapp 40 Volksverhetzungen am Tag entsprechen. Als kriminelle Vereinigung hätten die Angeklagten laut Bundesanwaltschaft versucht, den Verlag „Der Schelm“ zum führenden Akteur für Hate Speech aufzubauen. (…) Böhm wurde zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Seine ehemalige Partnerin Annemarie K. wurde zu einer Haftstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt, die auf drei Jahre Bewährung ausgesetzt wurde. Auch bei ihr wurde das Geständnis positiv bewertet, ebenso wie ihre „prekäre Lage“ und ihr Gesundheitszustand. Sie sei zwar vielfach vorbestraft, wurde jedoch fast ausschließlich zu Geldstrafen verurteilt. Bei beiden Angeklagten wurden andere Strafen mit einbezogen, um eine Gesamtfreiheitsstrafe zu bilden. Knapp 90.000 Euro eingezogen Matthias B. wurde zu einem Jahr und zehn Monaten Haft, ausgesetzt auf drei Jahre Bewährung, verurteilt. Sein wesentlicher Beitrag zum Verlag und die lange Vorgeschichte mit dem Verlags-Inhaber Preißinger seien zwar strafverschärfend, jedoch legte auch Matthias B. ein Geständnis ab und hätte zur Aufklärung beigetragen. Auch seine Aufnahme in ein Aussteigerprogramm sei glaubhaft.

via endstation rechts: „Der Schelm“: Haft- und Bewährungsstrafen für frühere Mitarbeiter

siehe auch: Rechtsextremer Verlag „Der Schelm“ :Die Wegbereiter des Hasses Der „Schelm“-Versand verbreitet rechtsextreme Bücher. Nun wurden drei Angeklagte dafür verurteilt. Der Hauptbetreiber aber macht weiter. Richter Hans Schlüter-Staats zitiert direkt aus dem Buch „Hart wie Kruppstahl“, ein rechtsextremes Hetzwerk aus den Sechzigern. Vom Ziel einer „restlosen Säuberung der gesamten arischen Menschheit“ sei dort die Rede. Von „unüberbrückbaren“ Differenzen zu Juden, unterzeichnet mit „Heil Hitler“. Es seien solche Sätze, die auch heute Hass anstachelten, warnt Schlüter-Staats. „Diesen Worten folgen leider auch Taten.“ Und das Buch sei nur eines von tausenden, die beim rechtsextremen Versand „Der Schelm“ verkauft worden seien. Am Montag verurteilte der Strafsenat von Schlüter-Staats am Oberlandesgericht Dresden deshalb drei Angeklagte zu Freiheitsstrafen: Enrico Böhm, Matthias B., Annemarie K. Alle waren einst in der NPD aktiv, Böhm auch als Leipziger Stadtrat. Sie hätten mit dem vor Jahren nach Russland ausgewanderten Hauptverantwortlichen Adrian Preißinger den „Schelm“-Versand betrieben und damit eine kriminelle Vereinigung gebildet und Volksverhetzungen begangen. Der vielfach vorbestrafte Böhm erhält dafür zwei Jahre und sechs Monate Haft, seine frühere Lebensgefährtin Annemarie K. ein Jahr und sechs Monate auf Bewährung. Ebenfalls eine Bewährungsstrafe bekommt Matthias B.: ein Jahr und zehn Monate. Er hatte im Prozess umfassend ausgepackt und befindet sich inzwischen in einem Aussteigerprogramm. (…) Bei den verhängten Strafen verweist Richter Schlüter-Staats bei Böhm und Annemarie K. auf deren „erhebliche Vorstrafen“. Gerade der frühere NPD-Stadtrat war immer wieder mit Geld- und Bewährungsstrafen davongekommen, habe sich davon „nicht beeindrucken lassen“, betont Schlüter-Staats. Nun muss Böhm in Haft, wenn das Urteil rechtskräftig ist. Die anderen beiden Verurteilten kommen mit Bewährungsstrafen davon. Schlüter-Staats lobt vor allem die Aufklärungshilfe von Matthias B., auch sein Szeneausstieg sei „glaubhaft“. Der Versand der rechtsextremen Bücher durch den „Schelm“ geht dagegen weiter. Das LKA Sachsen beteuerte zuletzt, dass durchaus weiter wegen des Fortbetriebs des „Schelm“-Versands“ ermittelt werde. Bisher sei eine Festnahme von Preißinger aber nicht möglich gewesen, so eine Sprecherin. Gleiches gelte für Versuche, die Webseite offline zu nehmen, da die Server im Ausland stünden.