In Russland gibt es zahllose Fälle neonazistischer Übergriffe. Junge Nazis filmen ihre brutalen Taten, um sie auf Telegram zu verbreiten. (…) Vor dem Krieg schien es noch, als gehöre die Nazi-Skinhead-Subkultur einer vergangenen Ära an. Ihre Ästhetik war in den neunziger Jahren nach dem Zusammenbruch der UdSSR – wie so vieles andere – aus dem Westen nach Russland importiert worden. Die Szene war groß und gewalttätig, ihre Mitglieder verübten viele rassistische Morde. Nachdem Putin 1999 Präsident geworden war, fanden sie Unterschlupf in Organisationen, die im Rahmen der sogenannten Politik des »kontrollierten Nationalismus« entstanden. Der Staat versuchte damals, die Rechtsextremen zu steuern, indem er ihnen erlaubte, sich zu organisieren. Doch das vom Kreml gepflegte Monster ließ sich nicht einhegen. 2009 erreichte die rechtsextreme Gewalt mit 548 Morden ihren Höhepunkt. Die immer stärker werdende extreme Rechte entwickelte sich zu einer potentiellen Bedrohung für das Putin-Regime. Nach einem Großaufmarsch mit Straßenschlachten in Moskau im Jahr 2010 verboten die Behörden die größten nationalistischen Organisationen und sperrten ihre Anführer ein. Nach dem Beginn des Kriegs in der Ukraine 2014 spalteten sich die Reste der rechtsextremen Bewegung schließlich: Die »Hitleristen« liefen zur Ukraine über, während die »Imperialisten« loyal blieben. Doch in Russland ist offenbar eine neue Generation von Rechtsextremisten herangewachsen. Das geht aus einem aktuellen Bericht des Sowa-Zen­trums hervor, das die extreme Rechte in Russland seit mehr als 20 Jahren beobachtet. »Seit dem Frühjahr 2023 verzeichnen wir einen rasanten Anstieg rassistischer Gewalt«, heißt es dort. Dem Bericht zufolge werden die rassistischen Gewalttaten meist von Gruppen Jugendlicher begangen, die von den Nazi-Skinheads der frühen nuller Jahre inspiriert sind. Die neue Generation der russischen extremen Rechten ist noch nicht organisiert und hat bisher keine politischen Ambitionen. Es handelt sich um eine chaotische Welle der Gewalt. Bislang beschränken sich die meisten Gewalttaten auf Vandalismus und kleinere Angriffe auf Migranten und der faschistischen Weltanschauung gemäße Gegner – Antifaschisten, Kommunisten, LGBT-Personen. Es gibt aber auch bereits Fälle von brutalen Gruppenprügeleien und sogar Morden. (…) Die Fernsehnachrichten und Telegram-Kanäle in Russland sind täglich gefüllt mit Kriegspornos – der Messaging-Dienst Telegram ist das beliebteste soziale Medium in Russland, dort verfolgen viele Russen unter anderem das Kriegsgeschehen. Auf diese Bilder antworten die Neonazis mit ihrem eigenen Content. Sie nehmen ihre Angriffe auf Video auf und veröffentlichen sie in anonymen Telegram-Kanälen. Die 13- und 14jährigen Schüler, die in Nowosibirsk wegen Mordes festgenommen wurden, gaben zu, den Mann getötet zu haben, um Inhalte für ihren Kanal zu filmen. Als Reaktion entstand das Nazi Video Monitoring Project (NVMP). Deren Mitglieder – anonyme Freiwillige – versuchen, mit Hilfe von Techniken der Open Source Intelligence die Umstände der Nazi-Verbrechen zu ermitteln.

via jungle: In Russland gibt es eine Welle rechtsextremer Gewalt Rückkehr der Nazi-Skins

siehe auch: Analysis of videos depicting far right attacks in Russian Telegram channels in February 2024. In February 2024, our monitoring efforts captured 57 videos depicting a total of 77 incidents: 38 targeting individuals and 39 targeting property. As anticipated, the frequency of these incidents slightly decreased compared to January, a period when teenagers had more leisure time due to holidays and winter breaks. Consistent with previous months, the far-right extremists predominantly used pepper spray in 21 incidents. In 9 of these incidents, the assault was limited to the use of gas, while in 7 instances, the gas attack was accompanied by beatings, and in 5 cases, by severe group beatings. Without the use of gas, far-right extremists carried out 5 relatively less dangerous assaults and 8 severe group beatings. Videos of attacks during fake dates were recorded twice, as well as attacks in trains. Additionally, two videos documented the use of a hammer in the assault, with one instance on February 10, 2024, where the driver miraculously managed to escape the attackers. (…) Over the course of six months of observation, our database has compiled 369 videos documenting 548 attacks. The record numbers of videos and attacks in September and October were achieved due to their low severity: primarily, these were tire slashings and assaults with pepper spray. Over time, such videos and “actions” became tiresome to both the audience of neo-Nazi Telegram channels and the authors themselves.