Reichsbürger um Johannes M. sendeten Todesdrohungen an Ärzte und Behörden. Die Truppe mischt QAnon-Ideologie mit christlichem Fundamentalismus. taz: Herr Holnburger, am Donnerstag gab es erneut eine Razzia im Reichsbürger-Milieu. Sie beobachten die Szene seit Jahren. Johannes M. und seine Anhänger*innen sollen mutmaßlich eine kriminelle Vereinigung gebildet – und unter anderem Behörden-Kommunikation blockiert haben. Wie muss ich mir das vorstellen? Josef Holnburger: Das ist schon perfide. Johannes M. ist in der Reichsbürger-Szene kein Unbekannter und war während der Corona-Pandemie auch als Impfgegner aktiv. Behörden, aber auch Arztpraxen mussten unter seinen Anrufen leiden. Er drohte, dass ihnen die Todesstrafe blühe, weil sie Kinder impften. Vollstreckt würde die Strafe laut M. durch Streitkräfte der Alliierten, die Deutschland in seinem verschwörungsideologischen Weltbild noch besetzt hielten. M. hat Mitschnitte der Gespräche samt Telefonnummern auf seinen Kanälen auf der Social-Media-Plattform Telegram veröffentlicht und damit seine Anhängerinnen zur Nachahmung animiert. Wie gefährlich ist das? Solcher Psychoterror ist nicht zu unterschätzen. Wir müssen uns vergegenwärtigen, dass es schon zu Suiziden bei Ärzten kam und Querdenkerinnen gewalttätig wurden. Johannes M. verbreitete Aufrufe zur Gewalt, bei denen immer droht, dass irgendwer sie in die Tat umsetzt. Er hat notorisch Todesdrohungen, Beleidigungen und Verleumdungen ausgesprochen. Polizisten hielt er für eine Söldnertruppe, die standrechtlich erschossen gehörte. (…) Die Kanäle und Nachrichten von Johannes M. sind durchzogen von Verschwörungswahn, von Antisemitismus und dem Gerede von Todesurteilen, die die alliierten „Besatzungstruppen“ angeblich vollstrecken würden. Gleichzeitig finden sich Engelsbildchen, biblische Motive und Gebetssprüche. Wie passt das zusammen? Johannes M. verweist stark auf die QAnon-Ideologie und gerade dabei ist eine Verbindung zu neu-evangelikalem Fundamentalismus als Phänomen vor allem in den USA durchaus bekannt. … die QAnon-Ideologie geht zurück auf Forumsbeiträge eines anonymen Verfassers „Q“, einen Trump-Anhänger, der antisemitisch grundierte Verschwörungsmythen verpackt als „geheimes Insiderwissen“ verbreitete. Johannes M. hält sich auch selbst für einen Propheten und interpretiert beispielsweise immer wieder die kryptischen Beiträge von „Q“. In letzter Zeit hat er sich sogar mit Jesus verglichen. Er wirkt stark narzisstisch, wie jemand, der glaubt, außer ihm habe niemand einen Durchblick. Deshalb hat er sich auch in der Reichsbürger- und Querdenker-Szene mit anderen zerstritten. Es kam immer wieder zu Abspaltungen.
via taz: Experte über Razzia bei Reichsbürgern :„Ein religiöser QAnon-Kult“