Eine zwei Jahre alte Studie macht plötzlich Furore. Sie weist Hannover antiziganistische Strukturen nach. Dabei ist die Stadt nur ein Beispiel. So offen reden die wahrscheinlich so schnell nicht wieder: 71 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen – zum Teil leitende Angestellte – aus den Bereichen Unterbringung, Sozialarbeit, Jobcenter und Politik in Hannover haben für eine Studie ausführliche Interviews gegeben. Es ging dabei um den Umgang mit Roma-Familien, vor allem solchen, die aus Osteuropa (vorwiegend Rumänien und Bulgarien) zugewandert waren. Und weil diesen Mitarbeitern eine umfangreiche Anonymisierung zugesagt wurde, wurden sie dabei sehr deutlich. Die Studie „Mechanismen des institutionellen Antiziganismus: Kommunale Praktiken und EU-Binnenmigration am Beispiel einer westdeutschen Großstadt“ von Tobias Neuburger und Christian Hinrichs beschreibt präzise, wie diskriminierend die Verwaltungspraxis in allen möglichen Feldern ist. Das betrifft zunächst einmal die Unterbringung: Roma-Familien werden gezielt in Unterkünften untergebracht, die abgelegen in Gewerbegebieten, an Autobahnen oder Müllverbrennungsanlagen liegen und baulich in schlechtem Zustand sind. Grundsätzlich unter Betrugsverdacht Den Kindern wird damit der Schul- und Kitabesuch schwer gemacht, zumal die Familien auch regelmäßig verlegt werden. Eine Betreuung durch Sozialarbeiter gibt es kaum, dafür Sicherheitsdienste, die verhindern, dass Besuch kommt. Im Jobcenter stehen die Betroffenen grundsätzlich erst einmal unter Betrugsverdacht. Anträge werden gar nicht erst rausgegeben, gehen verloren oder werden nur zögerlich bearbeitet, lautet ein weiterer Vorwurf. Bekannt ist das eigentlich schon seit zwei Jahren. Im März 2021 wurde der Forschungsbericht für die „Unabhängige Kommission Antiziganismus“, gefördert vom Bundesinnenministerium, veröffentlicht – ohne große öffentliche Resonanz zu erzielen. Nun allerdings hat die Hannoversche Allgemeine Zeitung (HAZ) auffliegen lassen, um welche mühselig verschleierte „westdeutsche Großstadt“ es geht – wohl auch, weil die Redakteure die eigene Berichterstattung in den zitierten Beispielen wiedererkannten

via taz: Antiziganismus in Hannovers Verwaltung :Rassismus von Amts wegen