Hubert Aiwanger : Jetzt spielt er die verfolgte Unschuld

Man tut viel Irres, wenn man 17 ist. Doch Hubert Aiwangers Erklärung zum antisemitischen Flugblatt aus Schultagen macht die Sache nur noch schlimmer. Der bayerische Wirtschaftsminister und stellvertretende Ministerpräsident Hubert Aiwanger von den Freien Wählern soll als Schüler ein antisemitisches Flugblatt verfasst und veröffentlicht haben. Ist er als Kabinettsmitglied noch tragbar? Kann, darf Markus Söder ihn noch halten? (…) Erst sprach Aiwanger von einer “Schmutzkampagne” und drohte der Süddeutschen Zeitung, sollte sie über das Flugblatt berichten, mit juristischen Schritten “inklusive Schadenersatzforderungen”. Inzwischen hat der Chef der Freien Wähler eine Erklärung abgegeben. Und die macht alles nur noch schlimmer. (…) Aiwanger hatte nun die Chance, sich zu erklären und darzulegen, wie aus dem dummen Jungen von damals ein verantwortlicher Politiker wurde. Doch er hat sie nicht genutzt. 24 Stunden nach Bekanntwerden der Vorwürfe behauptete er in einer Erklärung, “das fragliche Papier” nicht verfasst zu haben. Der Urheber “des Papiers” sei ihm aber bekannt und werde sich erklären. Doch “weder damals noch heute war und ist es meine Art, andere Menschen zu verpfeifen”. Der Schüler Aiwanger, so suggeriert seine Erklärung, habe den Autor eines widerlichen antisemitischen Textes nicht nur damals gekannt und gedeckt; nein, er brüstet sich heute immer noch damit, die Nachforschungen der empörten Lehrerschaft vereitelt zu haben, und erheischt auch noch Sympathie für sein damaliges und heutiges Verständnis von Schülerehre. Wem will er damit imponieren? Klar, wer mit dem Fußball ein Fenster kaputt schießt oder die Lösungen der Mathearbeit verteilt, wird nicht “verpfiffen”. Aber hier geht es um die Verherrlichung des Holocausts, um die Verächtlichmachung von Juden und Jüdinnen, um die Unterstellung, sie seien immer noch “Verräter am deutschen Volk”. 17-Jährige machen viel Unsinn, und sie haben gerade deshalb ein Recht darauf, dafür geradezustehen und bestraft zu werden, wie sie ein Recht darauf haben, dass ihnen das später verziehen wird. Inzwischen hat sich der Urheber gemeldet, und wie es der Zufall will, ist es Aiwangers Bruder. Man muss nicht glauben, dass hier die Familiensolidarität über die Wahrheit geht, aber man kann kaum umhin, wenigstens die Möglichkeit in Betracht zu ziehen. Der Bruder begründet seine Aktion damit, dass er sitzengeblieben und deshalb wütend war. Klar doch: Man versagt in der Schule, da muss man rasch ein antisemitisches Flugblatt schreiben, was sonst? Man fragt sich unwillkürlich, was in der Familie Aiwanger eigentlich los war. Auch noch 35 Jahre später drückt Aiwanger, nicht der Bruder, sondern der stellvertretende Ministerpräsident, auf die Tränendrüse und spielt die verfolgte Unschuld: “Bei mir als damaligem minderjährigen Schüler wurden ein oder wenige Exemplare in meiner Schultasche gefunden. Daraufhin wurde ich zum Direktor einbestellt. Mir wurde mit der Polizei gedroht, wenn ich den Sachverhalt nicht aufkläre.” Ja, was denn nun: ein Exemplar oder mehrere Exemplare? Zum Lesen oder zum Verteilen? Und natürlich wurde mit der Polizei “gedroht”, schließlich handelte es sich um eine Straftat.

via zeit: Hubert Aiwanger : Jetzt spielt er die verfolgte Unschuld

siehe auch: Antisemitische #Hetzschrift verfasst? #Aiwanger sagt, er war es nicht – will aber keinen verpfeifen – #hubsi -#auschwitz #familyaffairs. Bayerns Vize-Ministerpräsident Hubert Aiwanger hat Vorwürfe zurückgewiesen, als Schüler ein antisemitisches Flugblatt verfasst zu haben. „Ich habe das fragliche Papier nicht verfasst und erachte den Inhalt als ekelhaft und menschenverachtend. Der Verfasser des Papiers ist mir bekannt, er wird sich selbst erklären. Weder damals noch heute war und ist es meine Art, andere Menschen zu verpfeifen“, teilte Aiwanger der Berliner Zeitung mit. Der bayrische Wirtschaftsminister erklärte zudem, dass während seiner Schulzeit bei ihm wenige Exemplare in seiner Tasche gefunden wurden. Daraufhin hätte er beim Direktor antreten müssen. Ihm sei damals mit der Polizei gedroht worden, wenn er diese Sache nicht aufklärt. Seine Eltern seien darüber nicht in Kenntnis gesetzt worden; Hat er oder hat er nicht? Hubert Aiwanger, das antisemitische Flugblatt und der Holocaust. Aufregung um Bayerns Vize-Regierungschef: Kurz vor der Landtagswahl werden massive Vorwürfe laut. Er weist diese zurück – und jemand anderes übernimmt die Verantwortung (…) »Der Verfasser des Papiers ist mir bekannt, er wird sich selbst erklären.« Weder damals noch heute war und und sei es seine Art gewesen, »andere Menschen zu verpfeifen«, fügte der 52-Jährige hinzu. Kurz darauf räumte der ein Jahr ältere Bruder Aiwangers ein: »Ich bin der Verfasser des in der Presse wiedergegebenen Flugblattes.«

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Von <a href=”//commons.wikimedia.org/wiki/User:Seeteufel” title=”User:Seeteufel”>Sigismund von Dobschütz</a> – <span class=”int-own-work” lang=”de”>Eigenes Werk</span>, CC BY-SA 3.0, Link