Im brandenburgischen Lieberose wird eine bosnische Familie so massiv von Neonazis bedroht, dass sie nach vier Tagen zurück nach Berlin zieht. Die Polizei ermittelt in mehreren Fällen. Für drei Tage waren Enisa B. und ihre vier Kinder Brandenburger und Brandenburgerinnen. Dann hielt die alleinerziehende Mutter aus Bosnien-Herzegowina die rassistischen Anfeindungen nicht mehr aus, packte all ihre Sachen zusammen, setzte ihre Kinder ins Auto und fuhr von der kleinen Gemeinde Lieberose im Landkreis Dahme-Spreewald zurück nach Berlin. (…) Wir haben uns darauf gefreut, dort zu leben“, sagt Enisa B. der „Lausitzer Rundschau“. Doch bereits einen Tag darauf, am späten Freitagabend, erfahren die Bosnier eine andere Seite von Lieberose. In der Nacht hämmert plötzlich ein alkoholisierter Mann gegen die Fenster der Erdgeschosswohnung, erzählt Martin Vesely von der „Opferperspektive“, der im direkten Kontakt mit der Familie steht. Der Mann vor dem Fenster brüllt rassistische Parolen, ruft „Sieg Heil“ und droht der Mutter. „Verschwindet von hier“, soll er geschrien haben. Am nächsten Tag geht der Albtraum weiter. Während die Mutter mit einem Bekannten die Wohnung weiter einrichtet, besucht die 12-jährige Tochter eine Freundin in dem kleinen Ort, die sie dort kennengelernt hat. Auf dem Weg nach Hause über den Marktplatz trifft das junge Mädchen schließlich auf eine Gruppe von etwa sechs Jugendlichen zwischen 16 und 20 Jahren, berichtet Vesely von der Beratungsstelle für Betroffene rechter Gewalt. Mit Fahrradschloss auf Rücken geschlagen Die Jugendlichen sollen die 12-Jährige mit rassistischen Parolen beleidigt haben. Diese habe daraufhin in Panik ihre Mutter angerufen. Enisa B. schickt nun ihren 17-jährigen Neffen auf die Straße, um dessen Cousine entgegenzulaufen. Auch er gerät in den Fokus der rechten Jugendlichen, soll mit einem Fahrradschloss auf den Rücken geschlagen worden sein. Die Kinder flüchten in die Wohnung. Mithilfe der Nachbarn, die sich offenbar schützend vor die bosnische Familie stellten, beruhigt sich die Situation kurzzeitig, bis die Gruppe der rechten Jugendlichen erneut auftaucht. Die Familie habe sich schließlich gemeinsam mit den Nachbarn „im Haus vor den Neonazis verbarrikadiert“, sagt Martin Vesely. Zwei der Jugendlichen vom Marktplatz sollen klassische Erkennungszeichen der rechtsextremen Szene der 90er Jahren getragen haben: Springerstiefel und Bomberjacke. In der Gruppe soll sich außerdem auch der Sohn des Mannes befunden haben, der in der Nacht zuvor gegen das Fenster der Familie B. hämmerte und volksverhetzende Parolen rief. Nach Informationen des Tagesspiegels soll der Mann in Lieberose auch unter dem Namen „Hitler“ bekannt sein. Die Polizeidirektion Süd teilte auf Anfrage mit, dass sie gegen den 45-Jährigen im aktuellen Fall wegen Volksverhetzung ermittelt.
via tagesspiegel: „Im Haus vor Neonazis verbarrikadiert“: Bosnische Familie flieht aus Brandenburg