Kriebethal ist ein verschlafenes Dorf in Mittelsachsen. Dort sollen vorübergehend zwölf minderjährige Geflüchtete unterkommen. Doch die Bewohner rebellieren. Eigentlich würde Maria Euchler lieber über andere Dinge sprechen. Die bekannte Ritterburg aus dem 14. Jahrhundert zum Beispiel oder die Papierfabrik, ein wirtschaftliches Vorzeigeobjekt. “Das ist eine wirklich schöne Ecke hier”, sagt die Bürgermeisterin der mittelsächsischen Gemeinde Kriebstein, zu der auch das Dorf Kriebethal gehört. “Ich möchte nicht, dass wir als brauner Fleck wahrgenommen werden.” Doch gerade macht das Dorf Kriebethal mit seinen 600 Einwohnern nicht wegen seiner Schönheit Schlagzeilen. Gerade geht es hier um Wut und Widerwillen. Es geht um einen erbitterten Streit wegen zwölf junger Geflüchteter, die in einem ehemaligen Pflegeheim im Ort wohnen sollen. Es geht um Kinder und Jugendliche, die im Dorf abgelehnt werden, noch bevor sie überhaupt angekommen sind. Und Euchler kommt dabei die Aufgabe zu, zwischen der Wut ihrer Bürger und der Fassungslosigkeit der Außenwelt zu balancieren. Der Landkreis Mittelsachsen muss, wie alle Regionen in Deutschland, Geflüchtete unterbringen. Die Suche nach Unterkünften ist überall kompliziert und aufwendig, in etlichen Orten Sachsens aber machen Proteste die Sache noch schwieriger. Seit einer Weile wird wieder vor geplanten Heimen demonstriert, in Bautzen erregte der CDU-Landrat Udo Witschas kurz vor Weihnachten Aufsehen mit einem Video, in dem er davon sprach, Geflüchtete weder in Turnhallen noch in Wohnungen in Mehrfamilienhäusern unterbringen zu wollen, weil sie “unsere Kultur nicht kennen” und den sozialen Frieden gefährden würden. (…) Das Dorfzentrum haben am Abend die extremen Rechten in Beschlag genommen, in Kriebethal wittern sie einen neuen Kampfplatz. Leute von der rechtsextremen Partei Freie Sachsen haben einen Infostand mit Broschüren, Werbekulis und allerlei Nippes, der gegen Spenden verteilt wird. Ein paar Meter entfernt hat sich die AfD mit vier Rednern postiert: zwei sächsische Landtagsabgeordnete sind dabei, ein Bundestagsabgeordneter und ein Mitglied des AfD-Landesvorstands. Als die Kundgebung beginnt, vermischen sich AfD und Freie Sachsen, die Teilnehmer und ihre Fahnen. Es regnet, trotzdem sind etwa 150 Menschen da – keine Massen, aber auch keine Kleinigkeit für so ein Dorf. Viele sind aus Orten in der Nähe, aber auch Kriebethaler stehen hier.