Im Dezember flog die Reichsbürger-Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß auf. Ihr Verschwörungsglaube findet weiter tausendfache Zustimmung. Gut vier Wochen sind vergangen, seit das Verschwörernetzwerk von Reichsbürgern um Heinrich XIII. Prinz Reuß von der Polizei ausgehoben wurde. Doch das Gedankengut, dem die Gruppe anhängt, verbreitet sich weiterhin ungebremst im Netz. In unzähligen Telegram-Kanälen schwadronieren Verschwörungsgläubige von ihrer Sehnsucht nach einem Tag X, an dem die bestehende demokratische Ordnung Deutschlands beseitigt werden soll.  “Wohnung sieht aus wie Sau”, berichtete etwa Traugott Ickeroth den mehr als 26.000 Mitgliedern seiner Telegram-Gruppe, kurz nachdem die Polizei seine Wohnung durchsucht hatte. Ickeroth zeigt exemplarisch die ideologische Gemengelage, aus der die Gruppe und ihre Anhänger schöpfen. Auf seiner Website schreibt er etwa, Corona “in dem Sinne” gebe es nicht, der Deep State und die Illuminaten rängen aktuell mit den “Lichtkräften”, es herrsche Krieg gegen Deutschland. In Vorträgen behauptet er, “Ausländer” würden als Waffe gegen Deutschland eingesetzt. So vermischt Ickeroth klassisches Gedankengut aus der Reichsbürgerszene mit Versatzstücken des in den USA entstandenen QAnon-Verschwörungsglaubens. Während Reichsbürger die Bundesrepublik Deutschland für einen illegitimen Staat halten, der von auswärtigen Mächten gesteuert wird, glauben QAnon-Anhänger an einen international agierenden Deep State. Wie bei Ickeroth findet man in der ganzen Gruppe um Prinz Reuß Ideen aus beiden Richtungen. So schrieb die Bundesanwaltschaft: “Die Mitglieder der Gruppierung folgen einem Konglomerat aus Verschwörungsmythen bestehend aus Narrativen der sogenannten Reichsbürger- sowie QAnon-Ideologie. Sie sind der festen Überzeugung, dass Deutschland derzeit von Angehörigen eines sogenannten ‚Deep State‘ regiert wird.” Ihr Ziel sei die Beseitigung der bestehenden staatlichen Ordnung mittels Gewalt und militärischer Mittel gewesen. Stattdessen wollen sie das Deutsche Reich wiedereinführen. (…) Augenscheinlich sind dabei die Überschneidungen zu anderen rechtsextremen Milieus, darunter auch dem der völkischen Siedler der Anastasia-Bewegung. Martin Laker, Gründer der sogenannten Akademie Engelsburg, ist eine ihrer zentralen Figuren. Auf seinem Telegram-Kanal verbreitet er unter anderem ins Deutsche übersetzte QAnon-Beiträge an die bis 50.000 Abonnierenden. Laker bezeichnet seine Gefolgschaft als “digital soldiers”. Er leugnet den Holocaust und hält Deutschland für “das am schlimmsten misshandelte und unterdrückte Land auf dem Planeten”. Das Ziel seiner Fantasien: das jetzige “satanische Konstrukt” abbauen und – nach einer mehrjährigen Phase der Militärdiktatur – das Deutsche Reich wiedererrichten. Ein Video belegt ein Treffen zwischen Laker und Traugott Ickeroth, bei dem sie sich über Ufos und Konzernchefs und jesuitische Dämonologen als Reinkarnationen satanischer Wesen unterhalten.

via zeit: Reichsbürgerbewegung : Die Macht der Verschwörungsideologen