Dürfen die Daten kurdischer Vereine automatisch an Sicherheitsbehörden weitergeleitet werden? Ein Gutachten des Bundestags sagt klar Nein. Die automatische Weiterleitung der Daten kurdischer Vereine an den Verfassungsschutz und das Bundeskriminalamt ist rechtswidrig. Zu diesem Schluss kommt der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags. Ein Gutachten dazu, das der taz vorliegt, hatte die Abgeordnete Gökay Akbulut (Linke) in Auftrag gegeben. Schon seit den 1960er-Jahren müssen Vereine mit überwiegend ausländischen Mitgliedern Name und Anschrift ihrer Vorstände sowie die Satzung bei den örtlichen Behörden einreichen. Diese reichen sie weiter an das Bundesverwaltungsamt (BVA) in Köln, wo ein zentrales, aber bis heute nicht digitalisiertes Ausländervereinsregister entstand. Seit 1994 muss das Bundesverwaltungsamt alle eingehenden Informationen zu kurdischen Vereinen automatisch an das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) und das Bundeskriminalamt (BKA) weiterleiten. Dies soll helfen, Tarnvereine der seit 1993 in Deutschland verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK zu entdecken. Innenminister Manfred Kanther (CDU) hatte das damals in einem Erlass angeordnet, der heute allerdings spurlos verschwunden ist. Nachfolgerin Nancy Faeser (SPD) kann den Erlass weder im eigenen Haus noch in ihren nachgeordneten Behörden – BVA, BfV und BKA – finden. Befund dürfte die Bundesregierung nicht erstaunen Wie nun der Wissenschaftliche Dienst feststellte, ist die Praxis rechtlich auch nicht haltbar. So wäre eine Weitergabe der Daten an den Verfassungsschutz nur möglich, wenn „in jedem Einzelfall vor der Übermittlung der Daten“ festgestellt würde, dass ein kurdischer Verein verdächtige Bestrebungen verfolgt. Es genüge nicht, dass erst die Empfänger im Verfassungsschutz anhand der Daten entsprechende Bestrebungen entdecken könnten. Auch für die Weitergabe der Daten an das BKA reiche ein „allgemeiner Gefahrenverdacht“ nicht aus, kritisierte der Wissenschaftliche Dienst die Praxis des Bundesverwaltungsamts. Außerdem, so das Gutachten, genügten die angegebenen Rechtsgrundlagen im Bundesverfassungsschutzgesetz (Paragraf 18 Absatz 1) und im BKA-Gesetz (Paragraf 9 Absatz 4) nicht den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts. Danach müsse schon bei der Schaffung eines Datenpools, wie dem des Ausländervereinsregisters, präzise geregelt sein, an welche andere Behörden und zu welchen Zwecken die Daten weitergegeben werden dürfen.
via taz: Überwachung von kurdischen Vereinen :Allgemeiner Verdacht reicht nicht