Am Celler Oberlandesgericht arbeitet ein Familienrichter, der in Göttingens rechter Szene aktiv war. Bisher sei er nicht aufgefallen, so das Gericht. Die politische Herkunft des Familienrichters war am Oberlandesgericht (OLG) Celle nicht bekannt. Erst durch eine Anfrage wegen einer Studie erfuhrt das Gericht von seinen früheren rechtsextremen Aktivitäten. „Wir überprüfen die Darstellung und werten die Studie aus“, sagt Gerichtssprecher Andreas Keppler der taz. Diese Auswertung müsse erst abgeschlossen sein, um Entscheidungen treffen zu können. Im Oberlandesgericht sei der Richter nicht mit einschlägigen Äußerungen aufgefallen. Seit dem Eintritt in den Staatsdienst wolle der Richter nicht mehr politisch aktiv gewesen sein. Keppler deutet aber an, dass seine Urteile nun genauer angeschaut würden. „Vom ‚Wächter am Tor‘ zum ‘einsamen Wolf‘“ heißt die Studie, in der die „Forschungs- und Dokumentationsstelle zur Analyse politischer und religiöser Extremismen in Niedersachsen“ die Vita des rechtsextremen Multifunktionärs Hans-Michael Fiedler erforscht. Immer wieder stießen die Wissenschaftler:innen auf jenen Mann, der nun seit 20 Jahren Richter ist. Der Rechtsextremismusexperte Volkmar Wölk hatte schon 2014 über ein Göttinger Netzwerk um Fiedler berichtet, dem der spätere Richter angehörte. Im Magazin Der Rechte Rand fügte er hinzu: „heute wohl bestallter Richter“. (…) Beide Aktiven kommen enger zusammen als der heutige Richter am Max-Planck-Gymnasium mit 16 Jahren den „Unabhängigen-Schüler-Bund“ (USB) gründet. Den habe Fiedler sofort unterstützt, so die Studienautor:innnen um Katharina Trittel. Seit 2019 werten sie einen Teil des Nachlasses von Fiedler aus. Fiedler und der heutige Richter waren über weitere Organisationen verbunden. Zusammen gehörten sie dem Vorstand der „Hochschulgruppe Pommern“ und auch dem „Studentenbund Schlesien“ (SBS) an. (…) Über den SBS stand der heutige Richter mit späteren Rechtsterroristen und NPD-Führungskadern in Verbindung. Einer von ihnen ist der ehemalige NPD-Bundesvorsitzende Holger Apfel, ein weiter Rüdiger Polaceck. Der FAP-Landesvorsitzende hatte in der Silvesternacht 1990/91 Rechtsextremen in seinem Schulungszentrum in Mackenrode Unterschlupf gewährt, die im nahen Göttingen den Jugendlichen Alexander Selchow umgebracht hatten. Auch als Rechtsbeistand bei einer Vernehmung eines Kameraden nach einer Schlägerei taucht der heutige Familienrichter in Fiedlers Nachlass auf. 1988 erscheint er zuletzt. Fiedler nennt ihn seinen „Hausjuristen“.
via taz: Richter mit rechtsextremer Vergangenheit :Eine Robe macht keine weiße Weste