Wie steht es um die Fehlerkultur in der Polizei? Jan Keuchel und Christina Zühlke versuchen mit ihrem Report, darauf eine überzeugende Antwort zu finden. An dem Tag, als bekannt wurde, dass der rechtsterroristische NSU für die Morde an neun in Deutschland lebenden Menschen mit ausländischen Wurzeln verantwortlich war und nicht etwa Auseinandersetzungen im „Milieu“ zwischen ausländischen Familien, worauf sich die Ermittler vorschnell festgelegt hatten, änderte sich für die Polizeibehörden in Deutschland alles. Sie standen fortan unter Beobachtung. Und ein Ende der Debatte, die sich mit der Frage beschäftigt, ob die Polizei tatsächlich in Teilen abgeglitten ist in eine Institution, die sich bei ihren Ermittlungen zu sehr von Stereotypen leiten lässt, bis hin zu Straftaten in den eigenen Reihen, ist noch lange nicht in Sicht. Insofern erscheint das Buch „Tatort Polizei – Gewalt, Rassismus, mangelnde Kontrolle“ zur rechten Zeit. Nicht deshalb, weil sich der „Report“, wie die Publikation untertitelt ist, als Standardwerk eignet. Dafür bleiben einige der aufgezeigten Beispiele zu sehr an der Oberfläche. Aber es unternimmt den Versuch, und das ambitioniert, Antworten zu geben auf die Frage, die sich seit einigen Jahren schon stellt: Wie viel Kontrolle braucht die Polizei? Das, was die Autoren, die beiden Journalisten Jan Keuchel und Christina Zühlke, in dem Buch unternommen haben, ist ein weiter Wurf. Jedes einzelne der erwähnten Themen, angefangen bei Polizeigewalt, Racial Profiling, rechtsextremen Chat-Inhalten bis hin zur Frage, wie derartige Fälle aufgeklärt werden können, hätte schon ausgereicht, um damit eine ganze Reihe an kritischer Literatur zu füllen, die sich damit beschäftigt, wie weit Fehlverhalten bei der Polizei gehen darf, bevor sie zum strukturellen Problem wird.

via faz: POLIZEIVERSAGEN: Wenn Beamte ihre Macht missbrauchen