Beleidigungen, Drohungen, körperliche Angriffe – Journalisten erleben in Deutschland eine Welle des Hasses, vor allem auf Protesten der “Querdenker”-Szene. Im Netz berichten Betroffene nun von ihren Erlebnissen. Gewalt gegen Journalisten und Journalistinnen nimmt zu. Seit der Hashtag #AusgebranntePresse auf Twitter ins Leben gerufen wurde, berichten Medienschaffende von ihren dunkelsten Erlebnissen während der Arbeit. Es beginnt bei Beleidigungen im Netz und reicht bis zu physischer Gewalt. Eine der Betroffenen, die unter dem Hashtag getwittert hat, ist Sophia Maier, Journalistin bei “Stern TV”. Sie berichtet für die Sendung häufiger von Demonstrationen. Dort seien “verbale Beleidigungen wie ‘Lügenpresse’ oder ‘Hau ab, du dumme Fotze’ eigentlich Standard”, erzählt sie t-online. Besonders eine Demo in Berlin im September 2021 sei ihr im Kopf geblieben. “Ein Mann hat sich auf mich gestürzt, mir mein Handy aus der Hand gerissen und meinte wortwörtlich: ‘Das nächste Mal bist du fällig'”, so die Journalistin im Gespräch mit t-online. Dadurch, dass sie im Fernsehen vor der Kamera agiere, seien die Beleidigungen viel persönlicher. “Teilweise sind sie auch auf mein Frausein gemünzt”. Der antisemitische Verschwörungsideologe Attila Hildmann habe ihren Tweet zu #AusgebranntePresse sowie Videos von ihr auf Demos in Telegram-Gruppen geteilt. Einer der Kommentare lautete: “Diese Schlampe, noch nicht einmal ficken würde ich so eine Dreckshure, man sollte ihr richtig ihre Fresse einschlagen”. (…) Gewalttätige Angriffe gebe es verstärkt seit 2015, doch mit der Pandemie und den Corona-Maßnahmen haben die Angriffe gegen Medienschaffende 2021 erneut einen Höhepunkt erreicht. 69 gewalttätige Übergriffe habe es 2020 laut einer Recherche des ECPMF gegeben, das jeden Fall “sorgfältig” überprüfe, so Kinkel. 2021 zählt die Organisation insgesamt 106 Pressefreiheitsverletzungen (bis zum Stichtag 15. Dezember), darunter verbale Bedrohungen und körperliche Gewalt. Die Zahlen seien nur vorläufig, gibt Kinkel zu bedenken, am Ende könnte die Zahl noch höher sein. Die Schlussfolgerung sei jedoch klar: “Es zeichnet sich ab, dass sich die Feinde des unabhängigen Journalismus im Jahr 2021 weiter radikalisiert haben.”
via t-online: “Querdenker” attackieren Journalisten – “Wenn das alles vorbei ist, wirst du an einem Baum hängen”
siehe auch: »Kugeln in den Kopf«. Journalisten berichten über Angriffe von »Querdenkern« und fehlenden Schutz durch die Polizei. Schon bei den Demonstrationen der rassistischen Pegida-Bewegung ab 2014 gehörte der Schlachtruf »Lügenpresse« zur Normalität – verbunden mit Übergriffen auf Journalistinnen und Journalisten. Eine deutliche Steigerung erfuhren solche Angriffe ab dem Frühjahr 2020 im Umfeld der Proteste von Coronaleugnern, »Querdenkern« und Impfgegnern, darunter einer wachsenden Zahl offener Faschisten. Unter dem Hashtag »#AusgebranntePresse«, der am Dienstag im deutschsprachigen Netzwerk des Kurznachrichtendienstes Twitter trendete, berichten Journalisten und Fotoreporter von ihren Erfahrungen. Angestoßen hatte diese Twitterkampagne ein 28jähriger freier Fotojournalist aus Passau, der unter dem Pseudonym Rèsi Lucetti seit fünf Jahren von Demonstrationen und Protesten aller Art im In- und Ausland berichtet. »Ich wurde bei Abreisen verfolgt, in einem Zug angegriffen, bei Telegram geleakt, habe Morddrohungen erhalten. Ein Schwurbler trägt ein Schild mit meinem Klarnamen«, schrieb Lucetti über seine Erfahrungen mit den Coronademonstrationen der letzten Monate. Schon kurz nachdem sich der Fotograf mit über 14.600 Twitter-Follower seinen Frust vom Leibe geschrieben hatte, griffen andere Medienschaffende den Hashtag auf. »Körperlich attackiert zu werden ist Alltag«, schrieb Sophia Maier, die für »Stern TV« arbeitet und seit anderthalb Jahren von »Querdenker«-Demos berichtet. Nach der Ausstrahlung ihrer Berichte bekomme sie Nachrichten wie »Fotze«, »Stück Scheiße« und »Hurenreporterin«. Seine Privatadresse und Handynummer seien in Telegram-Kanälen mit Tausenden von Followern verbreitet worden, zusammen mit dem Aufruf, »mir mal die Meinung zu sagen«, berichte Tagesspiegel-Korrespondent Julius Geiler aus Berlin