Die Zeitung TAZ hat nach eigenen Angaben Einblick in einen geheimen Bericht des hessischen Verfassungsschutzes zur Aufklärung der NSU-Morde vor zehn Jahren erhalten. Ursprünglich sollte das Dokument für die Öffentlichkeit für Jahrzehnte gesperrt sein. Nach Darstellung der TAZ liegen trotz geschwärzter Passagen die Ergebnisse offen zutage – sie stellten dem hessischen Verfassungsschutz „ein verheerendes Zeugnis aus“, heißt es. Der TAZ liegen zwei Fassungen des Berichts vor. Zwar heißt es, in den Verfassungsschutzakten hätten sich keine Bezüge zu den Rechtsterroristen des NSU und ihren Straf- und Gewalttaten gefunden, und die 30 Hinweise seien bereits bekannte, abgeklärte Sachverhalte gewesen. Allerdings habe das Amt eingeräumt, dass es vor dem NSU-Auffliegen schwere Mängel in der eigenen Arbeit gegeben habe. So habe in der damaligen Abteilung „Beschaffung“, die V-Leute führt, Chaos bei der Aktenführung gegeben. Zu ein und derselben Person seien teils bis zu 15 Aktenzeichen geführt worden. Eine „abschließende Sicherheit“, dass es in Hessen keine weiteren NSU-Bezüge gebe, lasse sich nicht ableiten. „Dies wäre nur durch eine Sichtung der nicht auffindbaren Aktenstücke möglich.“ Die TAZ hält es nun für möglich, dass „Aktivitäten und Kontakte der NSU-Terroristen in Hessen schlicht nicht entdeckt wurden“. So habe das Landesamt eingeräumt: Nach Hinweisen erfolgten „häufig weder Nachfragen bei Quellen noch wurde versucht, den Sachverhalt durch ergänzende Informationen anderer Behörden zu verifizieren oder in einen Gesamtzusammenhang zu stellen“. Meldungen zu einem „nationalen Untergrund“ seien „zumindest nicht dokumentiert oder waren gegebenenfalls tatsächlich nicht erfolgt“. Auch „zahlreiche Hinweise auf Waffenbesitz von Rechtsextremisten“ seien „zum Zeitpunkt des Informationsaufkommens in der Regel nicht bearbeitet worden“. Interessanten Hinweisen sei nicht immer konsequent nachgegangen.

via dlf: TAZ konnte geheimen Bericht des hessischen Verfassungsschutzes zum NSU einsehen

siehe auch: Verschlusssache NSU – Die geheime Akte. Vor zehn Jahren flog der NSU-Terror auf. Hält der Verfassungsschutz dazu bis heute etwas zurück? Eine geheime Akte schürt diesen Verdacht. Die Liste erstreckt sich über 150 Seiten. Die Rede ist von „Wehrsportübungen mit scharfen Waffen“ in einem Wald, von Schießtrainings hessischer Neonazis in der Schweiz oder Tschechien, von Hinweisen auf den Aufbau einer „Untergrundorganisation“, ein Sprengstoffdepot oder eine Waffenwerkstatt. Es ist eine Liste mit Hinweisen auf mögliche rechtsterroristische Aktivitäten in Hessen von 1992 bis 2012. Eine Liste, die eigentlich bis heute geheim bleiben sollte. Ursprünglich gar bis 2134. Denn diese Liste gehört zu einem internen Bericht des hessischen Verfassungsschutzes, der nach dem Auffliegen des NSU-Terrors am 4. November 2011 – vor genau zehn Jahren – erstellt wurde. Er war das Ergebnis eines Prüfauftrags, ob im Landesamt nicht doch Hinweise auf den jahrelang unerkannten Terror des Nationalsozialisten Untergrunds übersehen wurden: auf die zehn Morde an neun migrantischen Gewerbetreibenden und einer Polizistin, die drei Sprengstoffanschläge und 15 Raubüberfälle. Ein Bericht von 2014, der für 120 Jahre als geheim eingestuft werden sollte.