Der „Plagiatsjäger“ Stefan Weber wirft Annalena Baerbock vor, in ihrem jüngst erschienenen Buch „Jetzt“ plagiiert zu haben.
Die Partei sieht darin eine Rufmordkampagne gegen die Kanzlerkandidatin. Wer ist der Österreicher, der sich schon seit Wochen „in das Thema Baerbock verbissen“ hat? Wenn Stefan Weber Politikerinnen und Politikern Plagiate vorwirft, dann geht es meist um wissenschaftliche Arbeiten, nicht um populärwissenschaftliche Bücher in Wahlkampfzeiten. Seit Mitte der 2000er-Jahre, als ein Doktorand in Tübingen große Teile seiner eigenen Dissertation plagiiert hatte, ist Weber mehr oder weniger prominenten Abschreibern auf der Spur. Er verdient damit Geld: Man kann ihn – auch anonym über einen zwischengeschalteten Anwalt – beauftragen, in wissenschaftlichen Publikationen nach Zitierfehlern und Plagiaten zu suchen. Manche Dissertation nimmt der Salzburger sich aber auch ohne bezahlten Auftrag aus eigenem Interesse vor. (…) Nun wirft der Österreicher Annalena Baerbock vor, einzelne Sätze und Textpassagen in ihrem Buch unter anderem aus einem Presseartikel, der Wikipedia oder von der Bundeszentrale für politische Bildung abgeschrieben zu haben, ohne das kenntlich zu machen. Es handelt sich dabei vor allem um Sachinformationen, die übernommen wurden. Mehr Copy-and-paste-Schludrigkeit als eine täuschende Übernahme origineller Gedanken. (…) Seit dem 12. Mai veröffentlichte Weber acht Texte auf seinem Blog, alle befassen sich mit Annalena Baerbock. Zusammen mit anderen Bloggern wie dem neu-rechten Informatiker und Autor Hadmut Danisch wies Weber etwa auf Ungereimtheiten in Baerbocks Lebenslauf hin. In der Folge stürzte sich Weber in seinen Artikeln auch auf Spitzfindigkeiten, kritisierte etwa, dass die Kanzlerkandidatin in einem Tweet geschrieben hatte, Menschen würden CO₂ „verbrauchen“. Eine Wortklauberei, weil CO₂ ausgestoßen, nicht „verbraucht“ wird. (…) Die Grünen sehen sich als Opfer einer Kampagne. Die Partei und auch der Ullstein-Verlag, in dem Baerbocks Buch erschienen ist, wiesen die Vorwürfe von Urheberrechtsverletzungen zurück. Ein Parteisprecher bezeichnete die Vorwürfe als „Versuch von Rufmord“.
via rnd: Rufmordkampagne gegen Baerbock? Das ist „Plagiatsjäger“ Stefan Weber
siehe auch: Nach Vorwürfen gegen Grünen-Kandidatin. Hintermänner suchten Plagiatsjäger für Anti-Baerbock-Kampagne. Fehler im Lebenslauf und mögliche Plagiate in ihrem Buch machen Grünen-Kandidatin Baerbock im Wahlkampf zu schaffen. Offenbar wurden Plagiatsjäger gezielt auf sie angesetzt. Martin Heidingsfelder ist gerade beim Abschlag an Loch sechs eines Golfplatzes, als sein Telefon klingelt. Der Anrufer hat ein Angebot. Der Plagiatsjäger hat sich einen Namen damit gemacht, auch gegen Bezahlung mögliche Ungereimtheiten und Falschangaben in Lebensläufen und wissenschaftlichen Arbeiten von Politikern aufzuspüren. An diesem Tag Anfang Mai ruft ihn ein alter Bekannter an. Das Gespräch, so schildert er es t-online rückblickend, dauert eine Weile. Er sucht sich eine Bank, setzt sich und hört zu. Der Mann will Heidingsfelder für eine Kampagne gegen die Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock gewinnen. Vermeintliche Enthüllungen setzen die Parteivorsitzende und Spitzenkandidatin mittlerweile seit Wochen unter Druck. Nach einem monatelangen Höhenflug der Grünen haben sich die schlechten Schlagzeilen, so scheint es, inzwischen auf die Umfragen ausgewirkt. Die Hoffnungen der Partei, im September stärkste Fraktion im Bundestag zu werden, schwinden zunehmend. Die Parteizentrale wittert “Rufmord” gegen die einzige Frau unter den aussichtsreichen Bewerbern und hat sogar einen Medienanwalt engagiert. (…) Doch Heidingsfelder hat sich längst selbst ein Bild gemacht. Nachdem sein Telefon auf dem Golfplatz klingelte, hat er in Web-Archiven recherchiert. Erst dann lehnte er das Angebot ab. Auch er sei kampagnenfähig, sagt er. “Aber für so etwas gebe ich meinen guten Ruf und meinen Namen nicht her.” Was derzeit passiere, habe “Züge des amerikanischen Wahlkampfs und die Beteiligung ist in meinen Augen eines Plagiatsjägers unwürdig”. Bei den Vorwürfen wegen des Buches gehe “es sogar in Richtung Rufschädigung”. Es handele sich schließlich um ein eher belangloses Sachbuch, nicht um eine wissenschaftliche Qualifikationsarbeit. Insgesamt habe er nichts gesehen, was für Plagiatsjäger relevant ist und habe das auch so mitgeteilt: “Hier wird aus einer Mücke ein Elefant gemacht.” Das habe er seinem Kollegen Stefan Weber später ebenfalls geantwortet.
Experten äußern sich: So sind die Baerbock-Passagen zu bewerten. Doch wie kam der Medienwissenschaftler Weber ins Spiel, der seit Wochen die Grünen mit seiner Jagd nach Falschangaben und Plagiaten vor sich hertreibt? Laut Heidingsfelder könnte das damit zusammenhängen, dass er selbst das Angebot des Anrufers ablehnte. Sowohl Weber als auch Heidingsfelder gelten in der Szene der Plagiatsjäger als diejenigen, an die sich Menschen mit kommerziellen Aufträgen wenden. Beide haben die ursprünglich ehrenamtliche Prüfung von Politiker-Dissertationen zum Geschäftsmodell gemacht.