Interne E-Mails aus AfD-Kreisen und Aussagen der Ex-Parteichefin Frauke Petry weisen auf eine mögliche neue Spendenaffäre der Partei hin. Demnach wurde der Facebook-Auftritt der AfD seit 2015 gezielt gesteuert und soll aus der Schweiz bezahlt worden sein. Petry erhebt Vorwürfe gegen Jörg Meuthen. Wenn Wahlerfolge heute auch auf Facebook entschieden würden, dann sähe es gut aus für die AfD: Zählten allein Klicks und Likes, dann wäre die in Teilen rechtsextreme Partei seit Langem weit vorn in Deutschland, und zwar mit Abstand. Der Aufstieg der AfD ist eng verbunden mit ihren Aktivitäten im Internet. Das hat bereits der Wahlkampf vor den Bundestagswahlen 2017 deutlich gemacht. Nach neuen Recherchen von CORRECTIV und Frontal21 steckt dahinter womöglich weit mehr als eine ausgeklügelte Strategie und griffige Slogans. Ein E-Mail-Verlauf zwischen Parteichef Jörg Meuthen und einem Social-Media-Experten der AfD, den CORRECTIV einsehen konnte, weist darauf hin, dass sich hinter dem enormen Klickerfolg der AfD ein weiterer Spendenskandal verbergen könnte. Petry belastet Meuthen Jörg Meuthen, damals wie heute Co-Vorsitzender der AfD, bot offenbar bereits im Mai 2016 dem Social-Media-Strategen an, dessen Ideen an einen „potentiellen Unterstützer“ weiterzuleiten. „Ja, das macht schon klar, was mit mehr Geld und Manpower noch möglich wäre“, schrieb Meuthen in einer E-Mail, die CORRECTIV und Frontal21 vorliegt. Der mögliche Wohltäter werde das Konzept „sicher mit Interesse lesen“, schrieb Meuthen weiter und stellte ein Treffen in Aussicht: „Demnächst machen wir dann mal einen gemeinsamen Termin, wenn das Interesse fortbesteht, wovon ich ausgehe.“
Wer aber war der mögliche Gönner im Hintergrund? Die ehemalige Parteivorsitzende Frauke Petry behauptet, die Mittel für das Facebook-Wunder der AfD seien mit Wissen von Meuthen aus Richtung Schweiz gekommen und nicht deklariert worden: „Bei dem potentiellen Unterstützer handelt es sich nach meinen Informationen um Henning Conle, und das Geld zur Unterstützung der Social-Media-Aktivitäten floss wohl über die Goal AG“, sagt Petry im Interview mit CORRECTIV und Frontal21. In ihrem neuen Buch „Requiem für die AfD“, das in dieser Woche erscheint, stellt sie die Vorgänge ebenso dar. Schriftliche Belege zu diesen Aussagen liefert sie nicht. „Ich habe Kenntnis davon, dass Jörg Meuthen illegale Spendengelder von Henning Conle vorbei an den offiziellen Parteigremien in illegale Kanäle gelenkt hat, unter anderem zur Unterstützung des Social-Media-Auftritts der Partei“, sagt die Bundestagsabgeordnete gegenüber CORRECTIV und Frontal21. Petry hat die angeblichen Vorgänge am Dienstag auch schriftlich bei dem Bundestagspräsidenten angezeigt. Auf Anfragen und Bitten um Stellungnahme haben weder Conle noch Alexander Segert, Geschäftsführer der Schweizer PR-Firma Goal AG, reagiert. Meuthen will sich zu den Vorwürfen nicht äußern. Auch die AfD hat auf die Anfrage von CORRECTIV und Frontal21 nicht geantwortet. (…) Bereits im Sommer 2017 deckten CORRECTIV und Frontal21 auf, dass Segert und die Goal AG den Wahlkampf Jörg Meuthens bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg 2016 mit Plakaten und Zeitungsanzeigen unterstützt hatten. Zudem betreute die Goal AG die Webseite des AfD-Spitzenpolitikers. Meuthen stellte dies anfangs gegenüber dem Verein Lobbycontrol als „Freundschaftsdienst“ dar. Später hat die Bundestagsverwaltung die Webseite und die Plakate als illegale Parteispenden bewertet und eine Strafzahlung verhängt. Nachdem die AfD zunächst klagte und in erster Instanz unterlag, akzeptierte sie 2020 den Strafbescheid. Facebook-Traffic geht plötzlich nach oben Im Hinblick auf die Social-Media-Kampagnen der AfD liegen keine Belege vor, ob Meuthen das Angebot wie zugesagt weitergeleitet hat, und ob tatsächlich finanzielle Unterstützung geflossen ist, wie von Petry behauptet. Eine CORRECTIV-Analyse der Facebook-Beiträge auf der Seite von Jörg Meuthen offenbart jedoch die Brisanz der Vorwürfe: Meuthen meldete seinen Account im November 2015 an. Eine Auswertung der Facebook-Daten zeigt einen sprunghaften Anstieg der Nutzer-Interaktionen auf seiner Seite ab Januar 2017.
via correctiv: AFD-SPENDENSKANDAL – Das Facebook-Wunder der AfD und ein „potentieller Unterstützer“: Neue Vorwürfe im AfD-Spendenskandal
siehe auch: AfD-Spendenaffäre -Neue Spur führt in die Schweiz. Der Milliardär Henning Conle soll mehr Geld als bisher bekannt an die AfD geschleust haben. Das behauptet die frühere AfD-Chefin Frauke Petry gegenüber Frontal21 und Correctiv. Frauke Petry hat die neuen, mutmaßlich verdeckten Geldflüsse des Immobilienunternehmers Henning Conle an die AfD bei der Bundestagsverwaltung angezeigt. “Ich habe Kenntnis davon, dass Jörg Meuthen illegale Spendengelder von Henning Conle vorbei an den offiziellen Parteigremien in illegale Kanäle gelenkt hat, unter anderem zur Unterstützung des Social-Media-Auftritts der Partei“, sagte Petry im Interview mit dem ZDF-Magazin Frontal21 und dem gemeinnützigen Recherchezentrum Correctiv. Mit dem Geld sollte vor allem der Facebook-Auftritt der AfD zur Bundestagswahl gestärkt werden, so Petry. (…) Der in Zürich und London lebende Conle habe der aktuellen AfD-Bundestagsspitzenkandidatin Alice Weidel vor der Bundestagwahl 2017, getarnt durch Strohmannspender, 132.000 Euro gespendet, so die Bundestagsverwaltung. Darum wurde ein Strafgeld in dreifacher Höhe verhängt, knapp 400.000 Euro. Die Klage der AfD gegen den Strafbescheid wird am Mittwoch vor dem Berliner Verwaltungsgericht verhandelt. Weidel hatte das Geld aus der Schweiz mit dem Verwendungszweck “Wahlkampfspende Alice Weidel Social Media” erhalten. Auf Nachfrage teilt Alice Weidel mit, der Vorgang um die von Petry behaupteten weiteren Gelder von Conle sei ihr unbekannt. Seit Jahren unterstützt außerdem ein dubioser “Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit” die AfD bei Landtags- und Bundestagswahlkämpfen mit Großplakaten und Wurfsendungen. “Wir haben mit diesem Verein für Rechtsstaatlichkeit nie zusammengearbeitet”, behauptet AfD-Sprecher Jörg Meuthen. Der Verein, der mit der Schweizer Webefirma Goal AG bei den Kampagnen für die AfD zusammenarbeitet, tue dies ohne Wissen der Partei. Doch diese Verteidigungslinie der Partei ist nicht mehr zu halten: Für einen kleinen Teil der Werbezeitungen des Vereins sieht es die Bundestagsverwaltung bereits als erwiesen an, dass die Verteilung in Absprache mit AfD-Funktionären erfolgte. Frontal21 und Correctiv hatten 2019 nachgewiesen, dass auch in Nordrhein-Westfalen Zeitungen in Absprache mit dortigen AfD-Funktionsträgern verteilt wurden.
Verdeckte Wahlkampfhilfe in NRW. Sollten sich Petrys Vorwürfe bewahrheiten, dass Conle nicht nur die Social-Media-Aktivitäten von Alice Weidel verdeckt finanzierte, sondern auch Gelder für den Facebook-Auftritt der AfD über die Goal AG an die Partei schleuste, würde auch der mit der Goal AG verbundene “Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit” ins Visier der Bundestagsverwaltung rücken. “Die Hinweise verdichten sich im Moment sehr stark, dass es sich nicht um Einzelfälle handelt, sondern dass es sich hier um ein oder zwei Stränge der Spenden-Finanzierung geht, die ein relativ großes Ausmaß haben”, sagt die Parteienforscherin Schönberger gegenüber dem ZDF und Correctiv.