„JUNGE REVOLUTION“ IM LÄNDLE

Der „Nord Württemberg Sturm“, ein regionaler Ableger der extrem rechten „Jungen Revolution“, ist in der Vergangenheit durch Kampfsport und mehrere Wanderungen im Landkreis Schwäbisch Hall in Erscheinung getreten. Nun fand eine Razzia gegen mehrere Mitglieder statt. Warum? Eine Chronologie. Alles begann 2019: Der damals 17-jährige Neonazi Sanny Kujath aus Zwickau (Sachsen) gründete die „Junge Revolution“ (JR). Im Rahmen seines „Medienprojektes“ interviewte er zahlreiche Kader der extremen Rechten. Seine Motivation sei gewesen, so Kujath, Jugendlichen und jungen Erwachsenen die unterschiedlichen Akteur*innen und Organisationen der extremen Rechten vorzustellen. Die JR hat sich 2020 vom „Medienprojekt“ zu einer Gruppierung entwickelt, die Kampfsport, Singen und Wandern verbindet. In dieser Zeit hat sie sich vergrößert. Eine zentrale Verbindung führt nach Baden-Württemberg. In Nordwürttemberg trat die JR erstmals am 04. April 2020 in Erscheinung: Sie kündigte eine Wanderung mit Treffpunkt in Waldenburg (Hohenlohekreis) an. Jedoch musste die Veranstaltung aufgrund der Covid-19-Pandemie verschoben werden. Sie wurde am 04. Juli 2020 nachgeholt: Nach Eigenangaben beteiligte sich eine Gruppe von 30 Neonazis an einem „Rundweg um das Schloss Langenburg durch die Ortschaften Bächlingen, Unter- und Oberregenbach“ (Landkreis Schwäbisch Hall). Die Gruppe, die im Wesentlichen aus jungen Männern bestand, wurde von Kujath und Neonazis aus der Region angeführt. Zwei Wochen später veranstaltete die JR ein geheimes Wehrsportcamp in Stützerbach (Ilm-Kreis/Thüringen), das durch die örtliche Polizei aufgelöst wurde. Ein Viertel der Teilnehmenden des Camps stammte aus Nordwürttemberg. In den folgenden Monaten schlossen sich, ab sofort unter dem regionalen Label „Nord Württemberg Sturm“ (NWS), mehrere Wanderungen im Landkreis Schwäbisch Hall an. Beispielsweise fand am 05. September 2020 eine Wanderung mit ca. 30 Neonazis nahe Satteldorf statt. Der NWS weist starke personelle Überschneidungen mit der Gruppierung „Julefolk“ auf. Die Wandergruppe, deren Mitglieder in Trachten und Zimmermannshosen unterwegs sind, gibt sich bündisch, aber ist völkisch. Am 05. Oktober 2020 wanderte eine Gruppe junger Frauen und Männer im Nordosten Baden-Württembergs. Die Teilnehmenden „ließen den Tag am Lagerfeuer mit Gesang gemütlich in unserer Jurte ausklingen“. Aus Sicht der Grünen-Politikerin Jutta Niemann aus dem Wahlkreis Schwäbisch Hall erfüllen die Wanderungen mehrere Funktionen: „Das gemeinsame Wandern erzeugt Gemeinschaftsgefühle und treibt die Vernetzung der regionalen und überregionalen Neonazi-Szene voran. Es bietet die Möglichkeit, die bestehenden Strukturen zu stabilisieren und auszubauen. Daher müssen wir die Aktivitäten im Blick haben.“ Niemann stellte zwei Kleine Anfragen im baden-württembergischen Landtag, um Näheres über die Gruppierungen zu erfahren (Drucksachen 16/9928 & 16/9929). In den Antworten, die Belltower.News exklusiv vorliegen, schreibt das Innenministerium, dem NWS werde eine „sehr niedrige zweistellige Personenzahl zugerechnet“. Hinsichtlich der Rollenverteilung zwischen JR und NWS könne „noch keine abschließende Aussage getroffen werden“. Aber „es sind in jedem Falle Überschneidungen bezüglich der Personen und ihrer Aktivitäten festzustellen“.

via belltower: „JUNGE REVOLUTION“ IM LÄNDLE