Rüdiger Zuck ist ein bekannter Verfassungsrechtler. Vor kurzem aber hat der 88-Jährige in der NZA einen Aufsatz veröffentlicht, der nicht nur in sozialen Netzwerken für Entsetzen sorgt. Nun hat der Beck Verlag sich entschuldigt. Aufsätze in juristischen Fachzeitschriften sorgen eher selten für Aufmerksamkeit in sozialen Netzwerken. Seit Mittwoch jedoch erregt ein Aufsatz aus der Neuen Zeitschrift für Arbeitsrecht (NZA 2021, 166) die Gemüter nicht nur bei Twitter & Co. Unter dem Titel “Ist Ugah, Ugah eine rassistische Beleidigung?” kritisiert der bekannte Verfassungsrechtler und Honorarprofessor Dr. Rüdiger Zuck eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG). Die Karlsruher Richter hatten in einem vor wenigen Wochen veröffentlichten Beschluss die Verfassungsbeschwerde eines Betriebsrats als unzulässig abgelehnt, der sich erfolglos durch alle Instanzen gegen seine Kündigung wehrte. Das Unternehmen hatte ihm gekündigt, nachdem er in einer hitzigen Betriebsratssitzung einen dunkelhäutigen Kollegen mit den Worten “Ugah, Ugah” betitelt hatte. In einem obiter dictum stellte das BVerfG fest, seine schon unzulässige Verfassungsbeschwerde wäre auch unbegründet, weil die arbeitsgerichtlichen Entscheidungen den Mann nicht in seinem Grundrecht auf Meinungsfreiheit verletzten. Deren Annahme, dass aufgrund der Verbindung zu einem nach § 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) verpönten Merkmal keine nur derbe Beleidigung vorliege, sondern die Äußerung fundamental herabwürdigend sei, ist laut BVerfG nicht zu beanstanden. Verfassungsrechtler Zuck hält die Entscheidung aus mehreren Gründen für verfehlt. So sei, so der 88-Jährige, “Ugah Ugah” schon kein Affenlaut. Und wenn er es doch wäre, hätte das BVerfG aus seiner Sicht detaillierter klären müssen, in welchem Zusammenhang und in welcher Situation die Äußerung gefallen ist. Das aber ist es nicht, was dem Verfasser sowie dem redaktionell verantwortlichen Beck Verlag öffentlich vorgeworfen wird. Es geht vielmehr um den Vorwurf des Rassismus, der vor allem im Fazit seines Aufsatzes zutage tritt. (…) Bei Twitter zeigten sich Juristinnen und Juristen entgeistert. Der Text “strotzt nur so von rassistischen Aussagen”, heißt es dort, “unfassbar” und “neuer Höhepunkt in der an Höhepunkten reichen Ignoranz deutscher Rechtswissenschaft.” Unter dem Hashtag #Zuck werden die Nutzer, wie in sozialen Netzwerken üblich, deutlich: “Man ahnt, was er juristisch meint. Begründung und Rest ist aber einfach nur zum (Emoji, das für “sich übergeben” steht) und reiht sich nahtlos in ‘Alte weiße Männer’ Rhetorik ein; übergebt besser mal an die Jüngeren! Und @CHBeckRecht#howdareyou”. Ein anderer Twitterer schreibt: “Prof. Zuck zweifelt hier ein Urteil des BVerfassungsgericht an, wirft mit #Rassismus nur so um sich”. (…)
“Das kann jedem Verlag mal passieren, der auf ein Lektorat verzichtet, Herausgeber/Schriftleitung nur auf dem Papier hat und sich die verlegerische Leistung auf Typografie beschränkt”, schreibt ein bekannter IT-Rechtler und schiebt auf Nachfrage nach “Bei der NZA ist das wohl so. Nicht bei Beck insgesamt.” Beck: “Unpassende Sätze übersehen, die wir hätten streichen müssen” Ein Kartellrechtler schreibt gar: “Ich habe ein paar wenige Veröffentlichungen bei @CHBeckRecht und dort arbeiten sehr viele tolle Menschen. Aber für mich selbst habe ich nun entschieden, dort nichts mehr zu veröffentlichen, bis der Palandt endlich umbenannt und solche Vorfälle wie in der NZA abgestellt wurden.” Er spielt darauf an, dass der Münchner Verlag trotz zunehmender Kritik seit Jahrzehnten für sein Standardwerk im Zivilrecht an dem Namen “Palandt” festhält. Dieser geht zurück auf Otto Palandt, Präsident des Reichsjustizprüfungsamtes und überzeugter Nationalsozialist. Auch ein führender Kommentar zum Grundgesetz heißt weiterhin “Maunz/Dürig”, benannt nach Theodor Maunz, einem NS-Juristen.  (…) Am Donnerstagnachmittag hat sich der Beck Verlag auch offiziell zu dem Shitstorm geäußert. Der Beitrag ist auf vielfältige Kritik gestoßen. “Diese Kritik nehmen wir sehr ernst”, teilte der Verlag mit. “Bei dem als “Kommentar” gekennzeichneten Beitrag handelt es sich um die persönliche Auffassung des Autors. Als juristische Fachzeitschrift ist die NZA der Wissenschaftlichkeit und Meinungspluralität verpflichtet. Rückblickend ist aber klar, dass der Kommentar mit den redaktionellen Grundsätzen der NZA und unseren eigenen Ansprüchen nicht vereinbar ist. Die Redaktion distanziert sich ausdrücklich von dem Kommentar. Der Beitrag hätte nicht erscheinen dürfen. Wir entschuldigen uns in aller Form.”

via lto: Kommentar von Rüdiger Zuck in der NZA – Beck Verlag dis­tan­ziert sich von Ras­sismus