Seit die AfD in den Parlamenten vertreten ist, hat sich aus Sicht vieler Beobachter die Debattenkultur verändert. Für den Landtag in Stuttgart lässt sich das jetzt auch sprachwissenschaftlich bestätigen. Eine Studie im Auftrag von Dlf und SWR zeigt: Provokationen und Ordnungsrufe nehmen zu. (…) Jörg Meuthen (AfD): „Ich bin nicht hier, um brav zu sein.“ „Nicht brav sein heißt dann aus Sicht der AfD eben: Regeln missachten die Ordnung stören, Zwischenrufe“, sagt die Sprach- und Politikwissenschaftlerin Heidrun Kämper, Germanistik-Professorin und Sozialdemokratin. Sie hat im Auftrag von SWR und Deutschlandfunk jetzt erstmals systematisch untersucht, wie sich Reden, Zwischenrufe und Debatten im Stuttgarter Landtag seit dem Einzug der AfD verändert haben. Am Leibniz-Institut für Deutsche Sprache in Mannheim hat Kämper weit mehr als 100 Plenarprotokolle aus der vorherigen und der jetzigen Legislaturperiode miteinander verglichen – in Punkto Sprache, Umgangston und Themen. Ihr Fazit zum parlamentarischen Auftreten der AfD-Fraktion: „Auffallen um jeden Preis, Regeln brechen um jeden Preis“. Kämper dokumentiert provokante Aussagen von AfD-Abgeordneten und mittlerweile fraktionslosen Parlamentariern, die mit der AfD in den Landtag gekommen waren. (…) Die Sprachwissenschaftlerin hat festgestellt, dass im baden-württembergischen Landtag in der aktuellen Wahlperiode deutlich häufiger über Antisemitismus gesprochen wird. Mehr als 500 Mal kam der Begriff in Plenardebatten vor – in der vorangegangenen Wahlperiode nur 15 Mal. Eine Zunahme verzeichnet die Forscherin auch bei den Themen Rassismus und Nationalsozialismus. Es wird drei Mal so häufig von Nazis gesprochen und es gibt mehr Vergleiche mit dem Nationalsozialismus. „Das ist ein bemerkenswertes Phänomen. Nicht in dem Sinn, dass man den Nationalsozialismus diskutiert, sondern in dem Sinn, dass der Nationalsozialismus und Nazi-Vergleiche vor allen Dingen, dass diese Aspekte zum Beispiel in Zwischenrufen eine ganz starke Rolle spielen“, sagt Heidrun Kämper. Nicht nur, aber vor allem bei AfD-Abgeordneten, stellt die Sprachwissenschaftlerin fest: „Der Nazivergleich ist ganz stark seitens der AfD. Die AfD ist diejenige, also die Abgeordneten, die eben diese Nazi-Vergleiche bringen.“
via deutschlandfunk: Debattenkultur mit der AfDParlamentarische Provokationen