Der Bundestag will sein Regelwerk ändern, um künftigen Störaktionen vorzubeugen. Zudem wirft eine Sprachnachricht die Frage auf, was die AfD im Vorfeld der Aktion wusste. Als Reaktion auf die Störaktionen im Bundestag sollen die Hausregeln deutlich verschärft werden. Das geht aus einem internen Bericht der Bundestagspolizei hervor, der WDR und NDR vorliegt. Die Verschärfungen, die nun erwogen werden, betreffen Abgeordnete, Gäste und Medienvertreter. Gäste der AfD hatten rund um die Großdemonstrationen gegen das Infektionsschutzgesetz Politiker gefilmt, bedrängt und belästigt. Filmaufnahmen und Interviews sind Gästen des Bundestages mit Abgeordneten nicht gestattet, anders als akkreditierten Journalisten. Zudem fanden einige der Vorfälle in für Aufnahmen gesperrten Bereichen rund um den Plenarsaal statt. In dem Bericht der Bundestagspolizei vom 25. November heißt es nun, es sollte eine Ausweitung des Film- und Fotoverbots in weitere Bereiche “in die Überlegungen einbezogen werden”. Diese Überlegungen beziehen sich in dem als “Aktenvermerk” betitelten sechsseitigen Bericht nicht nur auf Privatleute, sondern auch auf die “Tätigkeiten akkreditierter Medienvertreter”. Den Fall einer ehemaligen Bundestagsabgeordneten, die an weiteren Störaktionen an diesem Tag beteiligt gewesen sein soll, nimmt die Verwaltung zum Anlass, auch den Zugang für ehemalige Abgeordnete zu hinterfragen. Bisher können diese wie auch aktive Bundestagsabgeordnete sich ohne Sicherheitscheck weitgehend frei in den Gebäuden bewegen. Nun wird überlegt, dies zu ändern. Zudem prüft die Verwaltung dem Protokoll zufolge, ob künftig auch Sanktionen gegen Abgeordnete möglich sind, deren Gäste gegen Regeln verstoßen. Nach bisherigen Hausregeln sind solche Sanktionen nur gegen die Gäste selbst möglich. Diesen droht jeweils ein Bußgeld von bis zu 5000 Euro sowie ein Hausverbot. (…) Der vorliegende Aktenvermerk beschreibt die umfangreichen Ermittlungen der Bundestagspolizei zu dem Vorfall vor zwei Wochen. Die Behörde wertet große Mengen an Beweismaterial aus, darunter viele Stunden Videomaterial und Zeugenaussagen. Geprüft werden demnach nicht nur Verstöße gegen die Hausordnung, sondern auch mögliche Straftatbestände, heißt es. Fraktionschef Alexander Gauland hatte im Plenum des Deutschen Bundestages kurz nach den Vorfällen beteuert, dass die Fraktion nichts von geplanten Aktionen von Gästen der AfD gewusst habe und dafür um Entschuldigung gebeten. “Wir konnten nicht damit rechnen, dass so etwas passiert.” WDR und NDR liegen jedoch interne Dokumente und Aussagen aus der AfD-Fraktion vor, denen zufolge zumindest Teile der AfD-Fraktion schon im Vorfeld weitgehend wussten, was eine der späteren Störerinnen, die Aktivistin Rebecca Sommer, während ihres Bundestags-Besuches geplant hatte. Sommer hatte unter anderem Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier bedrängt und laut eines Videos als “aufgeblasener kleiner Wannabe-König” bezeichnet.
Sprachnachricht an AfD-Mitarbeiter Recherchen von WDR und NDR zufolge soll Sommer zunächst einer Büroleiterin eines bayerischen AfD-Abgeordneten ihre Pläne am Telefon geschildert haben. Nachdem diese ihr daraufhin den Zutritt verweigert haben soll, schickte sie einem anderen Mitarbeiter des Büros eine Sprachnachricht. Diese Nachricht liegt WDR und NDR vor. Darin fragt Sommer, ob es möglich sei, “dass man mich in den Bundestag einschleusen kann”. Sie würde “gern mit ‘ner Kamera irgendwo da am Rand stehen und einfach die Leute, mit Zoom natürlich, also ohne dass ich da auffalle, einfach die Leute filmen, wenn sie da in den Saal rein- und rausgehen, also im Gang da, sich miteinander unterhalten. Einfach Material von denen, die die Täter sind.” Sie würde “unglaublich gerne die Leute irgendwie filmen, die Abgeordneten und so”, heißt es in der Sprachnachricht, deren Authentizität aus der Fraktion bestätigt wurde. Sommer war auf Anfrage wiederholt nicht zu erreichen. Auch der Adressat der Nachricht ließ Sommer nicht in den Bundestag – offenbar kurz darauf aber das Büro des bayerischen Abgeordneten Petr Bystron.

via tagesschau: Störaktionen im Bundestag Was wusste die AfD vorab?