Mittelfingeraffäre: Warum Gregor Gysi jetzt Bodo Ramelow verteidigt

Im Juli zeigte Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) dem AfD-Abgeordneten Stefan Möller in einer Landtagssitzung den Mittelfinger und bezeichnete ihn als „widerlichen Drecksack“. Vorausgegangen war eine Debatte über den Umgang mit Verfassungsschutzakten zum Nationalsozialistischen Untergrund (NSU), in der Möller erklärte, Ramelow selbst sei in der Vergangenheit ja durch den Verfassungsschutz beobachtet worden. Nachdem Möller den Linken-Politiker wegen Beleidigung anzeigte, hat der nun seinen Parteifreund und Rechtsanwalt Gregor Gysi gebeten, ihn juristisch zu vertreten. Herr Gysi, können Sie das, was Bodo Ramelow gesagt und getan hat, nachvollziehen? Er hat es getan. Und das, was der AfD-Abgeordnete vorher gesagt hat, war eine Unverschämtheit. Finden Sie Ramelows Vorgehen vertretbar? Es ist auf jeden Fall nicht strafrechtlich verfolgbar. Denn es gibt das Recht der Indemnität. Das bedeutet: Abgeordnete dürfen für das, was sie im Plenum sagen, nicht zur Verantwortung gezogen werden. Sonst hätte man ja ständig Prozesse zwischen ihnen. Die Immunität, das heißt das Verbot der Strafverfolgung, kann aufgehoben werden, aber die Indemnität nicht. Es imponiert mir im Übrigen auch ein bisschen, wie Bodo Ramelow das als Ministerpräsident gemacht hat. Die Bevölkerung wird das unterschiedlich sehen. Die einen werden es richtig finden, die anderen werden sagen: Nee, er hätte das bleiben lassen sollen. Aber Bodo Ramelow ist nun mal so ein Typ. Er ist diesen Weg gegangen. Und ich vertrete ihn gern. Wie sieht die Lage juristisch konkret aus? Na ja, das Problem besteht darin, dass Bodo Ramelow das, was er im Plenum gesagt hat, später gegenüber dem MDR wiederholte. Das kann man unterschiedlich interpretieren. Ich sage: Die Fernsehzuschauerinnen und Fernsehzuschauer, die gar nicht verfolgt haben, was er im Landtag gesagt hat, für die musste er es wiederholen, damit sie das Interview verstehen. Und da er von Möller nichts hält, hat er gesagt, dass er bei seiner Einschätzung bleibt. So einfach, wie es sich der betroffene AfD-Abgeordnete denkt, ist es jedenfalls nicht.

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