Militante rechte Szene in NRW

Gegen Mitglieder der Neonazi-Partei „Die Rechte“ sind seit dem Jahr 2008 in Nordrhein-Westfalen 378 Ermittlungsverfahren geführt worden. Die Zahl der als besonders gefährlich eingestuften Rechtsextremisten hat sich in dem Bundesland seit 2015 mehr als verdoppelt. Die neonazistische Miniaturpartei „Die Rechte“ (DR) gehört nicht nur zum aktionsorientierten Rechtsextremismus, gegen ihre Mitglieder wird in NRW auch besonders häufig ermittelt. Derweil besitzen „Reichsbürger“ in dem Bundesland besonders häufig legal Waffen. Diese Erkenntnisse gehen zurück auf die Antwort der nordrhein-westfälischen Landesregierung auf eine große Anfrage der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen. Das Papier umfasst rund 130 Seiten und wurde vor wenigen Tagen veröffentlicht. Eine Zahl ist dabei auffällig. Bis ins Jahr 2008 zurückreichend hat die Landesregierung politisch motivierte Straftaten aufgelistet, die den rund 290 Mitgliedern der 2012 gegründeten Partei „Die Rechte“ in NRW zugerechnet werden. In Nordrhein-Westfalen kamen dabei in den vergangenen elf Jahren (bis Mitte 2019) 378 Ermittlungsverfahren zusammen, darunter auch eine Reihe von gefährlichen Körperverletzungen. „Bei 290 Mitgliedern sind 378 [politische] Straftaten extrem viel“, sagte die Grünen-Politikerin und innenpolitische Sprecherin der Fraktion, Verena Schäffer. Tatsächlich dürfte diese Zahl sogar leicht höher ausfallen. Im Raum Aachen, Düren und Heinsberg hat sich vor Jahren unter dem Dach der DR die indirekte Fortführung der verbotenen „Kameradschaft Aachener Land“, „Syndikat 52“ (S52) gegründet. (bnr.de berichtete) Der Neonazi-Truppe mit laut Landesregierung 20 bis 30 Mitgliedern werden 35 Straftaten zugerechnet. Da S52 unter dem Parteidach abgesichert firmiert, müssten diese Taten wohl auch im Bereich der DR hinzu addiert werden, was letztlich rund 400 Straftaten bedeuten würde. (…)
Erwähnung findet in der Antwort der Landesregierung auch die Vermischung von neonazistischer und neurechter, rechtsextremistisch-intellektueller Szene. Unter anderem wird auf die „Identitäre Aktion“ (IA) sowie deren Nachfolger „Freundeskreis Rhein-Sieg“ eingegangen. Diese Gruppen bildeten sich einst rund um Melanie Dittmer (nun Westerwald, Rheinland-Pfalz) und dem Gründungsmitglied der Rechtsrocks-Band „Stahlgewitter“, Frank Kraemer. Vernetzt mit verschiedenen Spektren werden den wenigen Mitgliedern von IA und „Freundeskreis“ 24 Ermittlungsverfahren zugeordnet. Der „Identitären Bewegung“ (IB) hingegen gehören in NRW rund 20 Aktivisten an, hinzu kommen rund 30 Sympathisanten. Zwischen 2018 und Januar 2020 listet die Landesregierung hier 33 Ermittlungsverfahren auf. Die Zahl der als besonders gefährlich eingestuften Rechtsextremisten hat sich seit 2015 in NRW mehr als verdoppelt. Nach Angaben der Landesregierung waren zum Stichtag am 1. April dieses Jahres 21 Rechtsextremisten in dem Bundesland als „Gefährder“ eingestuft. 140 wurden als politisch motivierte Intensivtäter der rechten Szene geführt, wobei sich diese Anzahl seit 2015 fast verdreifachte. Im Bereich der rechtsextremen oder rechtsextrem beeinflussten „Mischszene“, also Gruppen und Vereinigungen in denen sich Rechtsextremisten, Hooligans, Rocker und „Wutbürger“ etwa zu „Bürgerwehren“ oder „Bruderschaften“ vereint haben, wird von der Landesregierung im Dezember 2019 sogar ein Verfahren wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung erwähnt. Dieses betrifft der Antwort zufolge ein oder mehrere Mitglieder der „Steeler Jungs“ in Essen und des eingetragenen Vereins „Mönchengladbach steht auf“, dessen Vorsitz Dominik Roeseler innehält, zuvor Mitgründer der „Hooligans gegen Salafisten“ (HoGeSa) und ehemaliger „pro NRW“-Funktionär. Dieses Verfahren selbst soll sich gegen eine oder mehrere Personen in Viersen richten. Hingewiesen wird ferner auf vier Verdächtige aus NRW im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen die mutmaßlich rechtsterroristische Vereinigung „Gruppe S“, wobei wegen des laufenden Verfahrens darauf nicht weiter eingegangen wird.

via bnr: Militante rechte Szene in NRW