Es gibt bislang kaum Zahlen zu Rechtsextremismus unter Polizisten. Der geplante Lagebericht des Verfassungsschutzes soll aufklären, lässt aber ebenfalls Leerstellen. Wann wird aus einem Einzelfall eine Struktur, wann sogar ein Muster? 2014 posten zwei Streifenpolizisten in Hamburg in einem Chat ihrer Dienstgruppe Bilder eines Weihnachtsbaums, der mit Hakenkreuz-Kugeln geschmückt ist. 2015 lobt in Leipzig ein Bereitschaftspolizist in einem Chat mit einem stadtbekannten Neonazi dessen Verschwörungstheorien als “weise Worte” und spricht von Linken als “marodierenden Gutmenschen”. 2018 entdecken Ermittler bei einem Polizisten in Hessen ein Zimmer voller NS-Devotionalien. Im selben Jahr erhält die Frankfurter Anwältin Seda Başay-Yıldız den ersten Drohbrief. Im Briefkopf steht: “Dieses kostenlose Fax wurde Ihnen von Uwe Böhnhardt geschickt.” Böhnhardt war einer der Terroristen des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU). Der Text enthält Hinweise auf ihre geheim gehaltene Privatadresse. Später wird sich zeigen, dass die Adresse an einem Frankfurter Polizeicomputer abgerufen wurde. Seither wurden weitere solche Drohbriefe verschickt. Die dafür nötigen Informationen kamen 2020 offenbar aus Polizeidienststellen in Hamburg und Berlin. Nun ist in Mülheim an der Ruhr eine ganze Dienstgruppe aufgeflogen, 29 Polizistinnen und Polizisten, die Mitglieder einer rechtsextremen Chatgruppe waren. Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) spricht von einer “Schande für die Polizei”. Doch wie groß ist das Problem wirklich? Wie rechts ist die Polizei? So genau kann das niemand sagen. Die Zahlenlage ist dünn, es fehlt an systematischen Studien – auch weil sich die zuständigen Ministerien andere Prioritäten setzten.

via zeit: Warum wir so wenig über Rassismus bei der Polizei wissen