Der Angeklagte Stephan Ernst will sich von seinem Anwalt trennen. Zuvor hat der Richter den Verteidiger öffentlich infrage gestellt, weil dessen Anträge nur darauf abzielten, das Opfer in ein schlechtes Licht zu rücken. Die Verteidigung des wegen Mordes am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke angeklagten Neonazis Stephan Ernst steht davor, auseinanderzubrechen. Nach einem Eklat vor Gericht hat der Angeklagte Ernst am Montag die Entpflichtung seines Anwalts Frank Hannig gefordert. Hannig ist Mitbegründer von Pegida und berichtet regelmäßig in Youtube-Videos über den Prozess. Das Gericht hat Ernsts zweiten Anwalt bereits “vorsorglich” gefragt, ob er einen weiteren Verteidiger kontaktieren könne. Eine Entscheidung soll zeitnah verkündet werden. Der Streit entzündete sich an einer Reihe von Anträgen, die Rechtsanwalt Hannig offenbar ohne Absprache mit seinem Mandanten und seinem Verteidigerkollegen gestellt hatte: Diese bezogen sich darauf, dass man einem Einbruch ins Regierungspräsidium Kassel von vergangener Woche nachgehen müsse. Dass dort möglicherweise Akten gestohlen wurden, die mit den Windkraftfirmen der Söhne des Mordopfers Walter Lübcke zusammenhängen. (…) Nachdem Hannig die Anträge verlesen hatte, erklärte der Vorsitzende Richter Thomas Sagebiel: “Ich habe Angst, dass Sie, Herr Ernst, von Herrn Hannig nicht ordnungsgemäß verteidigt werden. Diese Anträge sind alle gequirlter Unsinn. Keiner hat Aussicht auf Erfolg. Sie haben keinen vernünftigen Bezug zum Fall.”
“Kein Interesse, dass Herr Lübcke und seine Söhne mit Dreck beworfen werden” Als Antwort gab Verteidiger Hannig zu, dass die Anträge nicht mit dem Mandanten abgestimmt waren. Sein Kollege, der Kölner Anwalt Mustafa Kaplan, sagte darauf: “Mein Mandant und ich distanzieren uns klar von diesen Anträgen. Damit soll suggeriert werden, dass der Getötete und seine Familienangehörigen in krumme Geschäfte verwickelt sind. Mein Mandant hat kein Interesse, dass Herr Lübcke und seine Söhne mit Dreck beworfen werden.”

via sz: Eklat im Prozess um Mord an Walter Lübcke